Analysen

Ich vergeig‘ das Abitur


Eva: 

Brauchst du denn das Abitur?

Stell dich einfach dumm und stur!

Komm‘, verhau jede Klausur

Als tragische Figur!

 

Pfeiffer: 

Ja, ich ver-

geig‘ das Abitur,

Stell‘ mich dumm und stur.

Das wird phänomenal!

 

Ich schreib‘ um

Kopf und Kragen mich,

Falle durch für dich,

Ganz legal!

 

(Steppeinlage von Eva und Pfeiffer)

 

Pfeiffer: 

Ich vergeig‘ das Abitur,

Scheiter‘ einfach mit Bravour!

Nehm‘ die schlechten Noten nur,

Für die Liebe pur!

 

Eva: 

Komm‘ und ver-

geig‘ das Abitur,

Scheiter‘ mit Bravour,

Richtig schlimm und fatal!

 

Mach tausend

Fehler nur für mich!

Hans, ich bitte dich,

Nur einmal!

 

(Steppeinlage von Eva und Pfeiffer)

 

Eva & Pfeiffer:

 

Spiel die tragische Figur,

Gegen jede Schulnatur.

Sei doch einmal Pfeiffer pur

Und fall durchs Abitur! 

 

Ja, ich vergeig‘ das Abitur,

Für die Liebe pur.

Das wird phänomenal!

Mach tausend Fehler nur für dich,

Scheiter bitterlich,

Nur einmal!

Analysen

Balthasar Wilzopolski

Analyse

Die Feuerzangenbowle, Musicalsong: Vergeig das Abitur

 

Alles für die Liebe


Einleitung und Gliederung

Für meine Analyse habe ich mir die Szene „Vergeig das Abitur“ ausgewählt.

Zunächst möchte ich Entstehungs- und Erfolgsgeschichte des Musicals „Die Feuerzangenbowle“ beschreiben. Daraus werde ich dann eine Interpretationshypothese für die Szene ableiten. Die anschließende Analyse soll die Überzeugungskraft dieser Hypothese am Musikstück untersuchen. Abschließend werde ich auswerten, inwiefern meine

Hypothese sich am Musikstück nachweisen lässt.

 

Es ergibt sich damit folgende Gliederung der Analyse und Interpretation:

a) Entstehungs- und Erfolgsgeschichte

b) Interpretationshypothese

c) Analyse des Musikstückes „Vergeig das Abitur“

d) Auswertung der Analyse

 

a) Entstehungs- und Erfolgsgeschichte

 

Bei der von mir zu analysierenden und interpretierenden Szene „Vergeig das Abitur“ aus dem Musical „Die Feuerzangenbowle“ handelt es sich um eine Szene aus der Neu-bearbeitung des Stoffes „Die Feuerzangenbowle“ als Musical von Burkhard F. Fabian und Johannes K. Jellinek aus dem Jahre 2017.

 

Stoffgrundlage des Musicals ist der 1933 in Düsseldorf im Droste-Verlag erschienene Schulroman „Die Feuerzangenbowle“ von Heinrich Spoerl. Auf der Basis dieses Romans entstanden 1934 und 1944 erste Verfilmungen.

 

Interessanterweise stammt vor allem der Film und weniger der Roman historisch gesehen aus einer brisanten Zeit. Noch während der NS-Zeit, zum Teil sogar noch während des 2. Weltkrieges, den die Nationalsozialisten 1939 anfingen und der bis 1945 dauerte, wurde das Buch schon verfilmt.

 

Die Geschichte des Romans und der ersten Film-Bearbeitungen hängt damit eng mit  wichtigen Daten der deutschen Geschichte zusammen. Ein Jahr vor Ende des Zweiten Weltkrieges, 1944, kam die zweite Verfilmung heraus.

 

Diese Zeitumstände machten mich bei der Analyse etwas stutzig. Ich stelle mir die Frage: Wer hatte in der Phase der Bombardierung deutscher Städte Zeit für Kino?  Wo gab es noch intakte Kinos unter den Bedingungen eines Weltkrieges?

 

Ich habe im Internet recherchiert und es sieht so aus, als habe der Film einigen NS-Verantwortlichen durchaus gefallen. „Die Feuerzangenbowle“ war – so stellt sich mir der Sachverhalt nach Lektüre einiger Zeitungsartikel dar – als ein lustiger Schwank ein leichter Trost für Menschen, die unter den Ausnahmebedingungen des Krieges weiterleben mussten und unter großer Angst litten.

 

b) Interpretationshypothese

 

Meine Interpretationshypothese für die zu interpretierende Szene lautet daher:

 

„Die Feuerzangenbowle“ stellt eine leichte und eingängige musikalische Aufheiterung dar. Die Szene zeigt, dass die beiden Protagonisten sich unbeschwert lieben und sich auf diese Liebe weiter einlassen wollen. Die Komödie vermittelt in der von mir ausgewählten Szene „Bin verliebt“ Einklang, gemeinsame Harmonie und eine große komödienhafte Leichtfertigkeit im Umgang mit formalen Schulprüfungen.

 

Dem oft hungernden, frierenden, in Sorge um verschwundene Familienangehörige verstrickten Publikum wurde hier genau das Gegenteil der eigenen Situation vorgeführt: Eine sonnige, aufgeräumte, warme, saubere und heile Welt, in der es keine Geldsorgen gibt. Die Welt im Musical ist eine Welt voller Liebe, mit einer zivilen Schule, mit weiß bezogenen Betten in gut geführten Haushalten, mit gefüllten Essenstellern und sorgsam gekleideten Menschen, die fröhlich gemeinsam Lieder singen.

 

Diese Musical-Botschaft traf in Deutschland 1944 nach der verlorenen Schlacht um die russische Stadt Stalingrad auf ein vom Krieg enttäuschtes und geschwächtes Publikum. Leichte Unterhaltungsfilme dienten auch in den 50er und 60er Jahren noch dazu, den Menschen unter schweren Bedingungen gute Laune zu machen. „When the war in Europe

ended, the population of Berlin was engaged in a daily struggle for survival. But musical and cultural activity was quick to recover“. (Marko Heinrich, Christian Paysan: Berlin 1920-1950, Sounds of an era, Hamburg 2017, S. 15) Auch in den Nachkriegsjahren war die

Feuerzangenbowle daher sehr beliebt und wurde häufig in Kinos vorgeführt.

 

Die Handlung des Musicals feiert die Schule und das Schulleben als Ort wahrer Freundschaften, lustiger Begebenheiten und komischer Zusammentreffen. Schon kurz nach Erscheinen des Buches wurde das Werk als ein typischer Schulroman mit lustigen Geschichten von Schulstreichen gefeiert. Durch die Verfilmung mit dem damals bekannten Schauspieler Heinz Rühmann  entstand bald ein fröhlich-komischer „Kult“ um das Musical.

 

Heinz Rühmann spielte bereits in der ersten Verfilmung von 1934 die Hauptrolle. Dieser Film trug den Titel „So ein Flegel“. 10 Jahre später trat Heinz Rühmann dann auch als Produzent auf. Trotzdem wirkte er weiter als Hauptdarsteller des Stückes in der Rolle des Dr.

Pfeiffer. Rühmann überzeugte als Filmproduzent wichtige Leute des damals herrschenden NS-Regimes  von dem Film. Obwohl in der Komödie freche, lustig-aufmüpfige und wenig gehorsame Schüler auftauchen, wurde der Film von den NS-Machthabern erlaubt.

 

Bei der Internet-Recherche zum Thema wurde mir klar, dass zur Zeit die AfD-Politikerin Cornelia Meyer zur Heide die Rechte zur Aufführung des Filmes in Deutschland hat. Sie lehnte vor einiger Zeit eine Aufführung des Filmes als ein Beispiel für Filme im Nationalsozialismus ab.

 

Burkhard F. Fabians Neubearbeitung des Musicals beruht, wie ich jetzt dem Tagesspiegel entnehme, auf der Theaterfassung „Die Feuerzangenbowle“, die von Heinrich Spoerls Erben vertreten wird. Fabian musste diesen Verlag überzeugen, dass er etwas Gutes aus dem

Stoff machen könne. Er legte Songtexte vor, um zu zeigen, „dass dieses deutsche Kulturgut nicht verunglimpft wird“. (vgl. Kult-Roman: Pankower Schüler machen "Feuerzangenbowle“, aus: www.tagesspiegel.de, Berlin 07.01.2018, Zugriff Oktober 2019)

 

Die Liedtexte für das Musical von 2017 am Rosa-Luxemburg-Gymnasium schrieb Johannes K. Jellinek, der schon Regie bei den früheren Schul-Musicals im RLG wie z.B.  Blues Brothers geführt hatte. Jellinek ist von Beruf Schauspieler und Sprecherzieher. Die Sprache in Fabians und Jellineks Neubearbeitung orientiert sich wie die Musik an der Zeit des Romans. Die Handlung und der Jargon der Sprache sind also grob weiterhin in den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts angesiedelt. Das war auch eine Bedingung für die Zusage

zur Aufführung. (vgl. Kult-Roman: Pankower Schüler machen "Feuerzangenbowle“, aus: www.tagesspiegel.de, Berlin 07.01.2018, Zugriff Oktober 2019) 23 Swing-Stücke haben Fabian und Jellinek für das Theaterstück komponiert und betextet, das so auf eine drei Stunden dauernde Aufführungsdauer anwuchs. Damit ist ein neues, zeitlos komisches Musical entstanden, welches die Schule als ein Ort unbeschwerter Jugend und als Ort von witzigen Gemeinschafserfahrungen feiert.

 

Obwohl das Stück in seiner Erstveröffentlichung und Verfilmung eng mit der Zeit des Nationalsozialismus verbunden ist, taucht weder in der Handlung des Stückes noch im musikalischen Arrangement  direkt oder konkret plumpes nationalsozialistisches Gedankengut auf.

 

Einige Kritiker der zweiten Verfilmung von 1944 erkannten in der Vergangenheit aber teilweise Anspielungen an NS-Gesinnung: So schreibt z.B. die Neue Presse aus Hannover, dass das Denken des Oberlehrers Brett als Beispiel für das Nazi-Ideal von gelungener Erziehung aufgefasst werden kann: Wenn Brett von jungen Menschen wie von Bäumen spricht, die man anbinden muss, damit sie „schön gerade wachsen“, erhebt sich heute bei den Vorführungen meist ein Pfeifkonzert, so die Neue Presse aus

Hannover in einem Artikel aus dem Jahre 2011. ("Warum "Die Feuerzangenbowle" noch immer so erfolgreich ist", www.neuepresse.de, 23.11.2011, Zugriff Oktober 2019)

 

Für die von mir zu analysierende Szene sind vor allem die miteinander streitenden Frauenfiguren aus dem Musical zu analysieren und zu interpretieren. Dass Dr. Pfeiffer die moderne und für damalige Verhältnisse sehr selbstbewusste und eigenständige Frau, mit der er in der Stadt Wiesbaden und später in Berlin zusammen war, verlässt, um mit einem noch sehr jungen Schulmädchen zusammen zu sein, könnte als eine Entscheidung gedeutet werden, die entfernt im Sinne des Nationalsozialismus gedeutet werden kann. Denn eine moderne modische Frau, die raucht, trinkt, die in der Stadt lebt und ihrem Mann ihre Meinung sagt, war vielleicht nicht so ganz das, was die Nazis sich von Vorbild-NS-Frauen wünschten. Pfeiffers Ex-Freundin Marion ist auch modern gekleidet und trägt ein eng anliegendes Kleid.

 

Eher ist Eva, das Schulmädchen, das Pfeiffer schließlich auch am Ende heiratet, mit dem Frauenideal der Nationalsozialisten verbindbar in bestimmter Hinsicht: Sie ist ein bisschen wie die „Unschuld vom Lande“, sie lebt in einer Kleinstadt und raucht nicht. (vgl. https://www.filmportal.de/thema/unterhaltung-und-ideologie-in-der-feuerzangenbowle,

Zugriff Oktober 2019)

 

Aber auch Eva erhält in dem Stück schon eine gute allgemeine Bildung, auch sie soll Abitur machen. Damit ist auch sie gebildet und auch sie tritt sehr selbstbewusst und eigenständig auf in der Szene „Vergeig das Abitur“. Eva „geigt“ ihrem Geliebten Pfeiffer deutlich ihre

Meinung und passt damit auch nicht so ganz in das Bild davon, was der NS-Staat als Ideal für Frauen ansah. Für die Nationalsozialisten stand die Frau eher als blonde Mutter (möglichst vieler ‚Soldaten‘) und als starke völkische ‚naturbelassene‘ Kraftfrau im Vordergrund. Inwiefern die Rolle Eva diesem Ideal einer starken natürlichen „blonden“

Frau im Sinne des Nationalsozialismus entspricht, das hängt auch stark ab von der Kostüm-Ausstattung und von der Besetzung der Rolle Evas.

 

Die Aufführung am Rosa-Luxemburg-Gymnasium (Januar 2018) hatte für die Kostüme eine an die 20er Jahre angelehnte Mode ausgewählt: Die Schuljungen trugen teilweise eine Kniehose oder lange Hosen, eine Weste, ein Hemd und eine Schirmmütze als Schuljungenkleidung. Die Mädchen in der Schule trugen weite mädchenhafte Schul-Röcke. Die Lehrkräfte waren zivil im Anzug oder wie der Chemielehrer beruflich bedingt gekleidet.

 

Die von mir zu analysierende Szene zeigt Eva trotz des Schulmädchenkleides deutlich als eine Frau mit frischem Selbstbewusstsein. Märchenhaft selbstsicher gibt in der Szene „Vergeig das Abitur“ das junge Mädchen den Ton an. Sie „weiß“ und setzt durch,

was für Pfeiffer richtig ist.

 

Zum Titel in Bezug auf die Szene:

 

Meine Interpretationshypothese besteht darin, dass die Szene „Vergeig das Abitur“ musikalisch ein unbeschwertes Schulleben feiert und einer seriösen Sache wie dem Abitur mit großer Leichtfertigkeit begegnet. Dazu passt auch der Titel: Unter einer Feuerzangenbowle versteht man ein alkoholisches Getränk. Ein Zuckerhut wird über einem Topf mit Bowle angebracht. Der Zucker wird mit hochprozentigem Rum übergossen

und flambiert. Zucker und Alkohol tropfen in der Hitze ab und mischen sich so mit der sich darunter befindlichen Bowle.

 

Der Titel hat mehrere Bedeutungen in Bezug auf die Handlung und die Szene. Die Zeit, die der Zucker im Feuer zum Schmelzen und Abtropfen braucht, gibt der ganzen Geschichte eine Erzählzeit. Es wird erzählt, solange der Zucker brennt. Die  Zeitspanne des Erzählens ist so mit dem Abbrennen des Zuckerhutes umrahmt. Darüber hinaus wird die ganze Geschichte durch die Rahmenhandlung „Männer sitzen um eine Feuerzangenbowle“ als eine nicht ganz ernst zu nehmende Unterhaltung unter Alkoholeinfluss gekennzeichnet. Ältere

Herren, ehrbare Männer aus der gehobenen Gesellschaftsschicht, treffen sich, um gemeinsam eine Feuerzangenbowle zu trinken. Sie kommen durch den Alkohol phantastisch inspiriert über alte Zeiten ins Schwärmen und preisen ihre alten Lehrer, ihre Schulstreiche und Schulerlebnisse.

 

Das ganze Stück wird damit durch den Titel Feuerzangenbowle zu einer alkoholinspirierten Unterhaltung. Ähnlich wie bei einem Alkohol-Rausch ist das, was unter Alkoholeinfluss geschieht, oft komisch überzogen und nicht ganz ernst zu nehmen. Diese Leichtigkeit vermittelt auch die von mir ausgewählte Szene „Vergeig das Abitur“.

 

Das gemeinsame Konsumieren von Alkohol spielt in dem ganzen Stück immer wieder eine Rolle. Insofern übernimmt der Genuss von Alkohol die Funktion eines „running gag“. So zum Beispiel, weil Autoritätspersonen trinken und dann ihrer Sinne nicht mehr ganz mächtig sind und somit lustige „besoffene“ Verhaltensweisen zeigen, die während des ganzen

Stückes mit zur Unterhaltung des Publikums beitragen. Für viele Zuschauer heute haben Zitate aus den Alkoholszenen des Stückes Insider-Gag-Kultstatus. Berühmt ist das „nur ein winziges Schlückchen“, als ein Ausspruch, welcher von dem etwas weltfremden

Chemielehrer gesagt wird, während er von den ausgebufften Schülern, die ihm einen Rausch vorspielen, an der Nase herumgeführt wird.

 

 

Lehrer geraten ins betrunkene Trudeln, Schüler spielen Betrunkene, diese Erinnerungen an gelungene Schulstreiche werden beim Trank der Feuerzangenbowle geweckt. Auch die Zuschauer werden dadurch in eine launige Stimmung gebracht, in der sie vielleicht auch an ihre eigenen Schulstreiche - vielleicht auch unter Alkoholeinfluss - denken.

 

Ähnlich wie „Dinner for one“ hat die Feuerzangenbowle mit etlichen Szenen und Zitaten Kult-Status gewonnen und es gruppieren sich immer wieder neu Fan-Gemeinden um diese Komödie.

 

Auch die von mir zu analysierende Passage „Vergeig doch das Abitur“ eignet sich als Zitat-Steinbruch, weil es witzig ist, dass ein formaler Abschluss, das seriöse „Abitur“, mit dem damaligen Jugendsprache-Slang, dem Imperativ „vergeig“, in einen witzigen Kontrast gebracht wird. Pfeiffer soll absichtlich versagen beim höchsten deutschen Schulabschluss, der eigentlich sorgfältig vorbereitet werden sollte. „Vergeig“, dieses Verb ist zudem noch

lustig, weil in dieser Musik gar keine Geigen vorkommen und dies eine zusätzliche Komik erzeugt.

 

Während das Abitur wie das Geigenspiel viel Übung und eine ernsthafte Haltung sowie idealerweise eine  fast schon erwachsene gefestigte Persönlichkeit erfordert, wird hier von Eva lässig ein kontrolliertes Scheitern geplant.

 

Im Folgenden möchte ich nun die Szene „Vergeig das Abitur“ in den gesamten Kontext der Handlung einordnen:

 

Das Musical handelt von dem berühmten Theaterkritiker und Autor Dr. Johann Pfeiffer.

Bei einer Feuerzangenbowle mit alten Freunden bemerkt er, dass er anders als alle seine Freunde nicht von Schulstreichen erzählen kann. Anders als die anderen hat Pfeiffer nämlich keine Schulzeit in einer Gemeinschaftsschule mit anderen Schülern und Lehrkräften erlebt. Als Kind reicher Leute wurde Pfeiffer von einem Hauslehrer unterrichtet und besuchte daher keine „normale“ Schule. Angeregt von den „beschwipsten“ Erzählungen seiner angetrunkenen Freunde, die mit ihm zusammen Feuerzangenbowle genießen, schmiedet

Pfeiffer nun den Plan, seine Schulzeit (auf der Suche nach lustigen und spannenden Schulerlebnissen) nachzuholen.

 

Pfeifer beschließt, abermals Schüler zu werden. Er lässt sich die Haare schneiden, den Bart abnehmen und kleidet sich wie ein Schüler (gemeint ist wie ein Schüler der 30er Jahre des 20. Jh.). Dann reist er in ein kleines Städtchen, um dort das Gymnasium zu besuchen. Zunächst stehen ihm Schüler und Lehrer gleichermaßen skeptisch gegenüber. Bald

aber entwickelt sich Pfeiffer zum Klassenclown und lässt keine Gelegenheit aus, seine Lehrer mit Schabernack an der Nase herumzuführen.

 

Pfeiffer  lernt die Tochter des Schuldirektors kennen, Eva Knauer. Er verliebt sich in sie. In diesem Handlungsstrang ist die von mir zu analysierende Szene „Vergeig das Abitur“ eingebunden.

 

Das Lied „Vergeig das Abitur“ besteht aus einem Duett zwischen Eva und Pfeiffer. Eva bittet Pfeiffer darum bzw. sie befiehlt ihm, das Abitur absichtlich schlecht zu schreiben, damit er länger bei ihr bleiben kann.

 

Pfeiffers erste Worte in dem Lied sind: „Ja, ich vergeig das Abitur. Stell mich dumm und stur, das wird phänomenal!“ Die Zeile zeigt, dass er direkt überzeugt ist von Evas Vorschlag und gern und bereitwillig „scheitert“. Das absichtliche Scheitern in der Prüfung zur Erlangung

des höchsten deutschen Schulabschlusses erzeugt an dieser Stelle eine große Komik. Denn die beiden Liebenden halten sich ja keineswegs für unfähig oder dumm, sondern sogar für schlauer als die Lehrkräfte. Ihre Dummheit ist nur eine taktische Verstellung.

 

Die ernste Sache und die Leichtigkeit des Angangs erzeugen sicher auch Irritationen bei dem bildungsbeflissenen Publikum wie es am Rosa-Luxemburg-Gymnasium üblicherweise vorkommt. Dem Publikum, das größtenteils aus Eltern und Schülern einer „Eliteschule“ wie dem RLG besteht, würde es nie einfallen, das Abitur absichtlich zu vergeigen. Denn dieses Publikum besteht sicherlich eher aus ehrgeizigen und bildungsnahen Menschen, die sich ein so leichtfertiges Scheitern in Schulprüfungen niemals gestatten würden.

 

Genau dieser Umstand erhöht hier die Komik der Szene. Nach dem Duett „Vergeig das Abitur“ geht die Handlung der Komödie so weiter: Pfeiffers eigentliche Verlobte Marion ist durch sein Verschwinden in Wut geraten. Nachdem sie durch Pfeiffers Diener seinen

Aufenthaltsort herausfindet, reist sie nach Neu-Isenburg, um ihren Johann zurückzugewinnen.

 

Pfeiffer, der sich beinahe von der emanzipierten Ex-Freundin Marion zurückerobern lässt, entschließt sich aber schlussendlich, das Schülerdasein doch nicht so schnell aufzugeben, und lässt Marion allein abreisen.

 

In diesem Kontext steht die Szene, die ich mir zur Analyse ausgesucht habe. Danach folgt das große Showdown des Musicals: Als sein Klassenlehrer, Prof. Crey, der Eva selbst auch heiraten will, von der Beziehung zwischen Dr. Pfeiffer und Eva erfährt, fordert er von Pfeiffer bei sich in der Wohnung Rechenschaft und eine Aussprache. Pfeiffer stellt daraufhin heimlich sämtliche Uhren um eine Stunde zurück. Als Folge davon verschläft Crey am kommenden Morgen und erscheint erstmals in seinem Leben zu spät zum Unterricht im

Gymnasium. Diese Stunde nutzt Pfeiffer, um den Lehrern seinen Abschiedsstreich zu spielen.

 

Es kommt zum großen Happy End: Pfeiffer verrät seine wirkliche Identität und verlobt sich öffentlich mit Eva.

 

c) Analyse des Musikstückes

 

In der von mir zu analysierenden Szene singen Pfeiffer und Eva abwechselnd. Eva bittet Pfeiffer, absichtlich Fehler zu machen im Abitur. Auf diese Weise will sie, wie schon gesagt, Pfeiffer länger an die Schule binden. (Eva hat noch ein Jahr bis zum Abitur im Mädchengymnasium gegenüber Pfeiffers Schule.)

 

Das Tempo passt mit 140 bpm gut zur Szene, weil es die Schnelligkeit des Entschlusses von Pfeiffer widerspiegelt. Pfeiffer zögert nicht mit seiner Reaktion und Antwort. Er zeigt sich gegenüber Evas Vorschlag direkt einverstanden. Intuitiv und emotional ist er genau auf ihrer musikalischen Wellenlänge.

 

Die Rhythmik der Szene ist einfach und passend sinn-unterstützend für die Handlung. Die beiden sind sich einig. Es gibt keine Dissonanzen. Sie sind blind-vertraulich miteinander verbunden. Das Klavier spielt im Bass durchgängig ebenso wie der Bass die Grundtöne der Harmonien in halben Noten.

 

Besetzung und formaler Ablauf:

 

Das Klavier startet mit dem Spielen der Akkorde, es gibt Pausen und dies gibt den Grundrhythmus und die Harmonie für alle vor. Es ist wie ein gemeinsamer Herzschlag der beiden Liebenden. Dann setzt mit denselben Akkorden wie das Klavier die Gitarre ein, ebenso wie beim Bass werden hier die Grundtöne und Evas Gesang wieder aufgenommen. Die Gitarre spielt in Viertel-Strummings.

 

Eva singt eine überaus fröhliche, frisch nach vorne gehende Melodie. Nachdem Eva ihre Bitte bzw. ihren Befehl, Pfeiffer möge sein Abi vergeigen, beendet hat, setzt Pfeiffer unmittelbar und nahtlos ein mit seinem Part als Sänger. Er denkt also gar nicht nach. Er sagt Eva direkt und vorbehaltlos mit Hilfe von einem direkt ins Ohr gehenden stufenmelodischem Gesang zu, der einen gelungenen Kontrast zu der eher akkordmelodischen Melodie von Eva bildet. Das musikalische Arrangement ist insofern sehr handlungs- und sinn-unterstützend in der Szene.

 

Darauf folgt ein Zwischenspiel von den Trompeten der zweiten, dritten und vierten Stimme, dem zweiten Altsaxophon, dem Baritonsaxophon, dem Klavier, der Gitarre und dem Bass. Das Zwischenspiel steht von der Besetzung her stark im Kontrast zu dem Rest des Stückes, da es nur aus rhythmisch unisono und staccato gespielten Viertelnoten zwischen

langen Pausen besteht. Eingeleitet wird es von zwei gebundenen Viertelnoten gespielt von den Trompeten und dem Altsaxophon. Unterbrochen werden die staccato gespielten Noten von einer halben Note, die zur nächsten staccato-Viertel übergebunden ist.

 

Dieses Zusammenspiel wirkt wie ein Prozess, in dem man über eine Sache nachdenkt, sie noch einmal kurz durchdenkt, während man im Inneren schon fröhlich ist, da man sich eigentlich schon über die Entscheidung sicher ist und sie sehr begrüßt.

 

Der beschriebende Abschnitt verstärkt zusätzlich die Gefühle einer Neu-Einstellung von Pfeiffer auf den Umstand, dass er seinen Aufenthalt in der Schule verlängern möchte. Die Harmonie unterstützt das, sie wirkt positiv und  fast triumphal. Die Pausen vermitteln

einen für den Prozess des Nachdenkens zögerlichen Eindruck für den Zuhörer (und Zuschauer). Das Zwischenspiel soll den Gedankengang von Pfeiffer darstellen, der unmittelbar im Anschluss das Ergebnis des Gesangs, nämlich seine Zustimmung und seine Bereitschaft, auf Evas Wunsch einzugehen, verkündet.

 

Pfeiffer singt jetzt in Rhythmus und Melodie das Gleiche wie Eva ganz zu Beginn, was für Wiedererkennungseffekt bei den Zuschauern sorgt. Er singt in der akkordmelodischen Melodie und dem einfacher zu spielenden viertelgeprägten Rhythmus, der verdeutlicht, dass seine Gedanken jetzt einfacher, klarer und nicht mehr verworren sind. Sein Ziel ist klar,

er singt ‚Nehm´ die schlechten Noten nur, für die Liebe pur!‘ Der fröhliche Endreim in den Liedzeilen erleichtert den Zuhörern das Mitsingen und sorgt für die Einprägsamkeit des Liedes.

 

Eva antwortet fröhlich singend in der Melodie und dem Rhythmus, den Pfeiffer am Anfang gesungen hat, und bittet ihn abermals, das Abitur doch zu ‚vergeigen‘. Um eine musikalische Steigerung zu bewirken und die zweite Strophe erkennbar von der ersten abzutrennen, spielt in der zweiten Strophe das Baritonsaxophon die Grundtöne der Harmonik in Vierteln mit.

 

Darauf folgt wieder das Zwischenspiel, an dem sich nichts ändert, bis auf, dass das Schlagzeug alle unisono gespielten Schläge mit einem Sidestick-Schlag vervollständigt und der ganzen Überlegung von Pfeiffer mehr Halt, Festigkeit und etwas Offizielles mitgibt.

 

Vielleicht zeigt dies den Rückenwind an, die Unterstützung, die das junge Paar von den Eltern und den Umständen zu erwarten hat. Ein Vorgriff also auf das Happy End.

 

Nachdem das Zwischenspiel beendet ist und, wie beim Zwischenspiel davor, der folgende Teil mit einer deszendenten Bewegung des Basses, Klaviers und Baritonsaxophons der F-Dur Tonleiter folgend von C bis G eingeleitet wurde, beginnt ein polyphoner Teil des Gesangs.

 

Eva und Pfeiffer singen die zwei bereits bekannten Melodien gleichzeitig, um zu verdeutlichen, dass sie ein Paar mit einer gemeinsamen Meinung sind. Die Verteilung der Stimmen ist jetzt wieder wie am Anfang: Eva singt viertel-, und Pfeiffer achtelgeprägt. Eva

fordert Pfeiffer weiterhin auf, ‚gegen jede Schulnatur‘ zu handeln und ganz bei seinen Gefühlen, ganz er selbst zu sein und somit absichtlich durchs Abitur zu fallen.

 

Pfeiffer benötigt hingegen eigentlich keine weitere Aufforderung und fängt sogar schon vor Eva an zu singen. Er verkündet vorwärtsdrängend, dass er dem Plan folgen und das Abitur ‚vergeigen wird‘ und wie ‚phänomenal‘ dies doch werden wird.

 

Die Polyphonie funktioniert gut und die Stimmen kommen der beiden Sänger kommen sich rhythmisch nicht ins Gehege, da Eva nur dann Achtelnoten singt, wenn Pfeifer Viertelnoten aushält und umgekehrt. Das verdeutlicht, wie gut die beiden miteinander zurechtkommen und sich ergänzen.

 

Mit der zweiten Wiederholung setzen die Drums mit ein, um Bewegung und Fahrt in das Stück zu bringen und die letzte Zögerlichkeit und Unvollständigkeit der Idee zu überwinden. Das Schlagzeug spielt jetzt einen unkomplizierten Beat mit einem Hi-Hat Rhythmus, der aus

Viertelnoten und zwei Achtelnoten besteht, die sich nun  wiederholen. So kommt man als Zuhörer und Zuschauer leicht in einen Mitsing- und Mit-Swing-Rhythmus hinein. Die Snare spielt klassisch auf zwei und vier und die Bassdrum spielt durchgehende Viertel mit einer

Achtel-Variation in jedem zweiten Takt.

 

Nachdem das Ganze zweimal wiederholt worden ist, wird die Polyphonie instrumental weitergeführt. Die Posaunen und Tenorsaxophone übernehmen die eben gesungene Melodie und den Viertel-geprägten Rhythmus von Eva; die Trompeten und Altsaxophone übernehmen den Melodie und den viertelgeprägten Rhythmus von Pfeiffer.

 

Die vielen Stimmen, die jetzt die Aula ganz ausfüllen, da alle forte spielen, verstärken die Euphorie, das Gefühl von Zweifellosigkeit und bereiten das Happy End und den großen Show Down vor. Die Melodie hat Ohrwurmfaktor und man hört sie als Rezipient gerne,

auch deshalb wird sie nochmals wiederholt, solange bis das Publikum mitsingen kann oder zumindest könnte.

 

Pfeiffer und Eva betanzen auf der Bühne beide Arm in Arm die eben getroffene Entscheidung.

 

Nachdem ein Durchlauf der Melodie zum Ende gekommen ist, setzen abermals neue Stimmen ein, um die Fülle des Klangs zu verstärken. Dies verdeutlicht die Überzeugungskraft des von Eva und Pfeiffer gemeinsam getroffenen Entschlusses. Alle Instrumente, die im Stück dabei sind, spielen jetzt mit. Alles in allem wirkt die Musik geradezu orchestral, da die neu dazu gekommenen zwei Trompeten und die Klarinette nicht die Melodie des zu analysierenden Stückes spielen, sondern eine fröhliche Melodie wieder aufnehmen, die man aus einer anderen Stelle des Musicals erkennt. Die Liebe der beiden wird damit als ein Teil der Gesamthandlung deutlich, ein Teil des Komödien-Experimentes, welches darin bestand, dass ein Erwachsener zur Schulbank zurückkehrte.

 

Der finale Durchgang der Melodie wird eingeleitet von einer aszendenten, der Tonleiter folgenden Achtelbewegung, die die Schnelligkeit der Entscheidung und die Euphorie der beiden widerspiegelt.

 

Wenn die Bläser die Melodie durchlaufen haben, endet das Stück auf einen Schlag, der unsisono von allen beteiligten Instrumenten gespielt und ausgeführt wird. Dies ist wie ein abschließender Nachdruck und leitet schon über, dass die Neuigkeit, dass Eva und Pfeiffer offiziell ein Paar sind, einschlagende Wirkung haben und mit einem Schlag verkündet werden wird.

 

Das gesamte Stück ist in F-Dur geschrieben und es wiederholt sich im A-Teil der Turnaround F - Dm7 - C sus4 - Gm7. Zu Abwechslung erscheint im B-Teil A - Dm und zur Rückmodulation G7 - C. Dieses Akkordkonstrukt ist einfach und stellt wiederholt die

Unkompliziertheit des Inhalts dar und wird stark repetitiv genutzt.

 

Die beiden Hauptmelodien gehen leicht ins Ohr. Dies entspricht dem Inhalt der Szene. Es wird für eine Verlängerung des unbeschwerten Schülerlebens geworben. Als Schüler mit der Schülerfreundin in der Schule weiter Streiche zu spielen, diese Aussicht enthält sehr viel

mehr beschwingte Leichtigkeit als die Vorstellung, zum Leben eines Erwachsenen zurückzukehren bzw. ein solches Leben führen zu müssen.

 

Die leichte, eingängige Musik passt insofern zur Szene, als in der Szene alle scheinbaren Verwirrungen und Kompliziertheiten schlagartig gelöst werden. Die unrealistische Liebe der beiden setzt sich ganz unkompliziert durch. Die absichtliche fröhliche Sabotage des Abiturs

wird unbefangen und nassforsch in Angriff genommen. ‚Vergeig das Abitur‘:  Pfeiffer ‚denkt‘ und empfindet genau wie der Rhythmus von Eva es vorgibt und willigt direkt ein. Die beiden sind in einer gemeinsamen Harmonie verbunden sozusagen.

 

d) Auswertung der Analyse

 

Wie schon anfangs ausgeführt, war die Komödie seit 1933 sehr erfolgreich und fand auch viel Anklang bei dem vom Weltkrieg enttäuschten und hoffnungslosen Publikum. Genau das Gegenteil der emotionalen Verfassung vieler niedergeschlagener Menschen im Jahre 1944, in der Nachkriegszeit, aber auch bis heute wird mit dieser Musik ausgedrückt: Gefeiert wird eine phantastische Liebe, die Zuversicht, ein unbeschwertes Leben führen zu können, ein Leben in Freiheit, Sorgenfreiheit und Verantwortungslosigkeit. Durch das stark repetitive, einfache Akkordkonstrukt, die ebenso oft wiederholten einfachen beiden Melodien, die am Ende von allen gespielt werden, entsteht ein forsches, unkompliziertes Lied, welches zu der frechen Aufforderung, das Abitur zu vergeigen, passt.

Im Grunde besteht der Text ausschließlich aus Evas Frage, ob Pfeiffer noch ein Jahr mit ihr bleiben möchte, woraufhin dieser bereitwillig, direkt und fast ohne Nachzudenken, positiv reagiert und den Plan befürwortet.

 

Es wird eine heile Welt herbeimusiziert. Zwei Menschen, die sich lieben, singen die gleiche Weise und verstehen sich intuitiv. Die unverdorbene Jugend wird gezeigt, Menschen, die noch ganz nah bei ihren Gefühlen sind und bei allen Entscheidungen auf die eigenen Gefühle hören.

 

Es ist einprägsame Musik, die leicht ins Ohr geht und wie ein Ohrwurm wirkt. Genau wie der unrealistische, stark komödienhaft heruntergebrochene, fast kitschige und viele Aspekte alltäglicher Fragen und Sorgen außer Acht lassende Film in seiner sonnigen

schwerelosen Bildsprache.

 

Es ist eine liebenswerte, gleichzeitig aber unrealistische musikalische Liebesgeschichte. Unrealistisch, weil faktisch ein Erwachsener unter Schülern direkt auffallen würde, auch wenn er verkleidet ist. Trotzdem wünscht man sich solche Erwachsene und geht gern mit in dieses fast schon kitschig-schöne Happy End. Ein leichter musikalischer Traum, zu dem

man sich gern bekennt.

 

Fazit


Pfeiffer suchte als Erwachsener noch einmal Schulerlebnisse. Er wollte gern eine Schulgemeinschaft erleben, um später auch über Schulstreiche reden zu können wie seine Freunde. Am Ende stimmt Pfeiffer als Schüler mit einfachen Melodien in den Gesang der Schülerin Eva ein. Er hat also den von ihm gesuchten Anschluss an die Schulgemeinschaft voll gefunden. Es ist eine  verspielte und leichte Musik, in der er eingebunden ist und in der er seinen Part mitsingt.

 

Pfeiffer, der als Erwachsener bereit ist, sich wie ein Kind noch einmal auf die Schule einzulassen, hat nun seine eigene Schulgeschichte erlebt. Gezeigt wird ein liebenswerter Erwachsener, der bereit ist, seinen Traum zu leben, seinen Gefühlen zu folgen und seine Lebensroutinen aufzugeben, um einmal in eine ganz normale Schule zu gehen und wie viele eine unbeschwerte Schulzeit mit tiefen und hoffentlich lebenslang haltbaren Freundschaften zu erleben. Alles für die Liebe.

Ich bin der Pfeiffer mit drei „f“


Refrain (Pfeiffer):

 

Ich bin der Pfeiffer mit drei „f“

Und nicht mit „v“ wie „Geneviève“!

Stell  das erste „f“ vor’s„ei“,

Zwei dahinter, schon sind’s drei

Und mit dem „P“ davor kriegt er den letzten Schliff,

Denn erst dann bekommt der Name richtig Pfiff!

Und mit dem „P“ davor kriegt er den letzten Schliff,

Denn erst dann bekommt der Name richtig Pfiff!

 

1.

Mit drei „f“ würzt guter Pfeffer

Jeden pfundig Pfifferling.

Auf der Schifffahrt mit dem Pfaffen

Wird daraus ein rundes Ding.

Hat hier jemand noch Drei Fuffzig?

Jetzt kommt’s wie aus dem  Eff Eff!

 

Refrain:

 

Ich bin der Pfeiffer mit drei „f“

Und nicht mit „v“ wie Geneviève!

 

(Alle:)

Er ist der Pfeiffer mit drei „f“

Und nicht mit „v“ wie Geneviève!

 

(Pfeiffer:)

Und mit dem „P“ davor kriegt er den letzten Schliff,

Denn erst dann bekommt der Name richtig Pfiff!

 

2.

Jeder Muffelkopf beim Sauftreff

Lernt das Liedchen doch im Nu! 

Nimm den Duftstofffabrikanten

in den Reigen mit dazu!

Richtig fluffig macht die Sache,

Ein fortissimo vom Chef…

 

(fortissimo)

 

(Pfeiffer:)

Ich bin der Pfeiffer mit drei „f“

Und nicht mit „v“ wie Geneviève!

 

 (Alle:)

Er ist der Pfeiffer mit drei „f“

Und nicht mit „v“ wie Geneviève!

 

(Pfeiffer:)

Und mit dem „P“ davor kriegt er den letzten Schliff,

Denn erst dann bekommt der Name richtig Pfiff!

Und mit dem „P“ davor kriegt er den letzten Schliff,

Denn erst dann bekommt der Name richtig Pfiff!

Marcel Sattler

Analyse

Die Feuerzangenbowle, Musicalsong: Ich bin der Pfeiffer mit drei "f"


Pfeiffer, der selbstbewusste Held


Gliederung

1.  Einordnung der Szene/ des Musikstücks in das Musical

2. Analyse und Interpretation der Musik in Bezug auf die Szene

3. Analyse und Interpretation des Textes und Szenenbildes in Bezug auf Szene und Ton

4. Bewertung des Musikstücks/ der Szene

 

 1. Einordnung der Szene/ des Musikstücks in das Musical

 

Das Musical „Die Feuerzangenbowle – Würd’st du’s nochmal probier’n?“ geleitet von Johannes K. Jellinek und Burkhard F. Fabian spielt auf den Roman von Heinrich Spoerl und den darauffolgenden Film (beide „Die Feuerzangenbowle“) mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle an. Allgemein handeln Roman, Film und Musical von dem Schriftsteller Dr. Johannes Pfeiffer, der eines Abends zusammen mit vier anderen Herren bei einer Feuerzangenbowle zusammensitzt. Während sich die Bekannten über ihre Anekdoten aus der Schulzeit austauschen, stellt man fest, dass Pfeiffer nicht mitreden kann, da er nur Privatunterricht gehabt hat. Um die verlorene Zeit nachzuholen, verwandelt er sich in den Pennäler Hans Pfeiffer, der das Kleinstadtgymnasium zu Badenburg besucht. Dort tut er das, was er sich vorgenommen hat: Er spielt immer tollkühnere Streiche, mit denen er die Lehranstalt in den Wahnsinn treibt. Dabei verliebt er sich sogar in Eva, die Tochter des Schuldirektors, der er seine wahre Identität preisgibt. Jedoch nimmt sie ihn diesbezüglich nicht ernst. Am Ende stellt Pfeiffer – nun wieder Schriftsteller – klar, dass er sich alles nur ausgedacht habe. Nur die Feuerzangenbowle habe es wirklich gegeben.

Die Handlung, sowie viele Sprachanweisungen in dem Musical sind identisch mit dem Buch bzw. der Verfilmung. Interessant ist daher vor allem die Untersuchung der Musik mit Text, die völlig neu komponiert wurde. Im Folgenden soll einer dieser Tracks anhand der dazugehörigen Szene analysiert werden. Es handelt sich dabei um den „Pfeiffer mit drei f“.


Die Szene ist relativ zu Beginn des Musicals einzuordnen. Nach der Ouvertüre wird das Pfeiffer-Thema in der Szene „Erster Schultag“ das erste Mal gespielt. Jedoch ist es auch schon in den Breaks des vorangegangenen Stückes, dem „Pennäler-Thema“ herauszuhören. In der Szene trifft Dr. Hans Pfeiffer das erste Mal auf seine Klassenkameraden, die sich in „Vier Asse und ein Bübchen“ ihm gegenüber vorstellen, sowie zur ersten Stunde auf Professor Crey, auch „Schnauz“ genannt. Als dieser Pfeiffer in die Anwesenheitsliste eintragen will, fragt er ihn, ob er mit ein oder zwei f geschrieben werde, wobei er nicht erwähnt, dass von dem f bzw. denen in der Mitte des Namens die Rede ist. Schließlich nimmt Pfeiffer ihn sehr genau und korrigiert seine Alternativfrage: Er würde mit drei f geschrieben werden, bezieht dabei jedoch das f nach dem P auch mit ein. Hier setzt unmittelbar das Pfeiffer-Thema ein.

2. Analyse und Interpretation der Musik in Bezug auf die Szene

 

Beim wiederholten Hören des Stücks fällt auf, dass es sich um ein sehr belebtes Thema handelt: Es wirkt fröhlich, schwung- und humorvoll.  Zusätzlich taucht das Pfeiffer-Motiv mehrmals im Musical auf, was ebenfalls dazu beiträgt, dass es einen hohen Wiedererkennungswert hat und sich einprägt. Neben der Musik tragen jedoch auch der Text und die Schauspieler zu diesen Eindrücken bei. Das Zusammenspiel der akustischen und visuellen Komponenten soll in der folgenden Analyse näher betrachtet werden.

Allgemein steht das Stück in B-Dur und im 4/4 Takt. Zudem wird das Stück durchgehend in forte (laut), sowie bei 200 bpm sehr schnell (presto) gespielt. Schon diese zwei Parameter tragen für das Fröhliche und Schwungvolle bei. Der Ambitus ist relativ groß (reine Undezime), die Tonlage von b bis es‘‘ relativ hoch und daher für Tenöre geeignet. Bevor die Musik in ihrer Funktion untersucht wird, soll zunächst die Struktur des Themas dargelegt werden. Von Takt 1 – 17, also schon zu Beginn taucht die Melodie des Refrains auf, sodass unmittelbar nach der verwunderten Frage des Professors die Verwirrung beseitigt wird. Im Anschluss (Takt 17 – 29) wird die erste Strophe gespielt, woraufhin wieder der Refrain von Takt 29 – 45 folgt. Von Takt 45 – 60 wird die zweite Strophe gespielt und den Abschluss bildet wieder der Refrain (Takt 60 – 76) mit einem Schlussakkord im staccato.

Bei der ausführlichen Analyse der musikalischen Parameter werden der Refrain und die Strophen getrennt voneinander untersucht.

Betrachtet man die Melodie des Refrains näher, fällt auf, warum das Pfeiffer-Thema besonders einprägsam ist: Jedes Motiv wird immer mindestens zwei Mal gespielt. So werden die ersten zweieinhalb Takte, die Takte 5-7 und 9-13 melodisch hintereinander wiederholt. Besonders auffallend sind hierbei die ersten 5 Takte des Stücks, in denen die Melodie einzig und allein in drei Stimmen (Oktavunisono des Klaviers + Pfeiffer) erscheint.

In diesem Teil des Refrains findet man eine akkordzentrierte Melodie vor, eine Ausnahme bildet das e vor dem f, welches für eine entstehende Reibung sorgt. Hier wurde der Ton um einen Halbtonschritt erhöht, wodurch der Intervallabstand mit dem vorherigen b ein Tritonus (Abb.1, gelb) und der mit dem nachfolgendem f eine kleine Sekunde ist, was beides sehr dissonante Intervalle sind. Genau diese Intervalle machen jedoch auch die Schrägheit der Situation deutlich: Pfeiffer nimmt die Frage seines Professors absichtlich sehr ernst und führt dies mit dem Stück noch stärker ins Lächerliche, was dazu führt, dass er die dominierende Rolle in der Situation übernimmt.

Im zweiten Teil ist die Melodie hingegen kleinschrittig bis sogar eintönig (Abb. 2, gelb), was jedoch nicht als negative Wertung wahrgenommen werden sollte, zumal sich dies in den nächsten beiden Refrains ändert. Dies ist z. T. nur hörbar und somit nicht im Notentext erkennbar (Erklärung dazu siehe S. 7 Mitte). Außerdem begleitet das Klavier nun mit beiden Händen die Melodie und die anderen Mitglieder der Rhythmusgruppe kommen hinzu, wie die Bassgitarre und die Drums. Dabei spielt die rechte Hand der Klavierstimme Akkorde, die linke Basstöne, die durch die Bassgitarre verstärkt werden. Die Drums spielen den Four Beat, einen typischen Fundamentalrhythmus im Swing, sowie das Rhythmuspattern Viertel-Achtel-Achtel. Durch die Überlagerung mehrerer Rhythmen (Polyrhythmik) wirkt das Stück viel belebter als zu Beginn. Dafür sorgen auch mehrere Synkopen (z. B. T. 6-7 und T. 8-9). Der erste Höreindruck, dass das Stück schwungvoll ist, wird damit bestätigt. Letztlich passiert in den Takten 10-12 viel mehr in der Harmonie bzw. im Bass. Aus dem B-Dur Dreiklang folgt ein B-Dur Septakkord, aus dem folgenden Es-Dur auf der IV. Stufe ein Es-Moll. Die Basslinie verläuft dabei vom As aus chromatisch abwärts (Abb. 2, rot). Ab dem tiefen F im Bass folgt eine authentische Kadenz mit B-Dur mit dominantischen Charakter (5 im Bass) auf der I. Stufe, dem F-Dur auf der V. Stufe und wieder dem B-Dur auf der I. Stufe (Tonika-Dominante-Tonika). Mit der authentischen Kadenz endet später schließlich auch das Stück.

In Bezug zum Refrain kann man abschließen, dass dieser sehr vielseitig, belebt und abwechslungsreich ist. Im ersten Teil dominiert die Melodie aufgrund ihrer Sprunghaftigkeit, wohingegen im zweiten Teil die Harmonik und der Bass deutlich bewegter werden. Bei der Gestaltung des Stücks könnte demnach eine Rolle gespielt haben, Pfeiffer zu charakterisieren, sodass die Musik manipulierend wirkt: Er fühlt sich gut, sich frei zu entfalten und Spaß zu haben, wenngleich er seinem Lehrer notengetreu auf der „Nase herumtanzt“ (aufgrund der Sprunghaftigkeit). Dabei stellt gerade der erste Teil aufgrund der Sprünge einen erhöhten Anspruch an den Tenorsänger dar, Lockerheit ist daher nicht nur auf der Bühne und gerade in dieser Szene, sondern auch besonders hier beim Singen wichtig.

Ab der ersten Strophe (B-Teil) setzen nun die beiden Altsaxophone und Tenorsaxofone ein, die bis zum Ende des B-Teils homophon die jeweils gesungene Zeile begleiten. Dabei ergänzen sie sich zu dem von der Gitarre gerade gespielten Akkord bzw. zu der Dominante G-Moll in Takt 20 (Abb. 3, rot). Nach Ende der grammatikalischen Sätze kommt es zu Ausschmückungen in den Oberstimmen (Asax1 und 2, Tsax1 und 2), wodurch die Pausen an diesen Stellen einfach überspielt werden (Abb. 3, gelb). Währenddessen ist die Harmonie mit den Stufen II-V-I relativ jazzig gehalten. Nach genauerem Betrachten handelt es sich jedoch nicht nur um eine II-V-I Kadenz, sondern sogar um einen Turnaround (I-IV-II-V), wobei B-Vermindert ein verkürzter Akkord auf der IV. Stufe ist (G-Dur Septakkord mit kleiner None).

Bis „Hat hier“ spielt die Bassgitarre einen Walking-Bass, der das Stück regelrecht vorantreibt und die Stimmung – zumindest bei den Schülern und auf persuasiver Ebene bei den Zuschauern – hebt, indem er die Harmoniefolge und den Four Beat für die Hörer verdeutlicht. Bis zum Ende des erneut gespielten Refrains werden z. T. chromatisch abwärts gerichtete Basstöne wieder in Oktaven gespielt und der Walking Bass damit unterbrochen.

Der D-Teil bzw. die 2. Strophe entspricht musikalisch der ersten, wobei es eine Ausnahme bzw. Besonderheit zum Ende gibt. Die Besonderheit besteht darin, dass zwischen Takt 53 und 60 ein enges Verhältnis zwischen Protagonisten und Musik besteht: Indem Pfeiffer auf „ein Fortissimo vom Chef“ hinweist, folgt hierauf eine Marimba, die in e-Moll eine Melodielinie aufwärts spielt, wobei die halbtaktigen Motive tonal sequenziert werden (Abb. 4). Durch die Wahl dieses Instruments wirkt die Melodiebewegung besonders verspielt. Gleichzeitig wird aber auch eine Spannung erzeugt, die in einem lauten, dissonanten Akkord endet, sodass die Lautstärke durch absichtliche Vernachlässigung eines sonstigen harmonischen Zusammenhangs stark in den Vordergrund rückt und der Anweisung Pfeiffers Folge geleistet wird. Damit schafft er es, noch mehr Aufmerksamkeit zu gewinnen, als er sonst mit diesem Stück allgemein schon bekommen hat. Hierbei sei angemerkt, dass die Spielanweisung fortississimo mit drei f eine ironische Anspielung auf Pfeiffer macht, wobei nur spekuliert werden kann, ob diese tatsächlich bewusst so eingefügt wurde.

Enden wird das Stück mit dem Refrain, wobei zweistimmig gesungen werden soll, sodass es zum Ende hin noch eine Steigerung gibt. Pfeiffer und einige Oberprimaner singen eine große Terz bzw. kleine Quarte über der ursprünglichen, eintönigeren Melodielinie, wohingegen die anderen letztere singen. Jedoch ist die Zweistimmigkeit in der Szene nur im zweiten Refrain und kaum im letzten zu hören.  Was zum Ende noch auffällt, ist der erneute Einsatz der Marimba (ab Takt 68), die den ersten Teil des Pfeiffer-Motivs etwas abgewandelt mehrmals wiederholt. Dadurch verstärkt sich seine Verspielt- bzw. Albern- und Entspanntheit auf dramaturgischer Ebene nochmals. Gleichzeitig wird auch das Ende des Stücks angekündigt, bei dem sich Pfeiffer wieder stolz und zufrieden auf seinen Platz begibt.

 

3. Analyse und Interpretation des Textes und Szenenbildes in Bezug auf Szene und Ton

 

Neben der Musik, die eine fröhliche, aber auch schräge Atmosphäre schafft, ist die Untersuchung des Texts entscheidend, um Pfeiffer näher zu charakterisieren: Seine Albernheit, die ihm sein Professor zuschreibt,  wird dadurch kenntlich, dass er zahlreiche Beispielwörter nennt, in denen das f so häufig wie möglich vorkommt, die aber zusammen inhaltlich keinen Zusammenhang bilden, z. B. Schifffahrt, Duftstofffabrikant, Muffelkopf. Aber auch, dass der Text in Form eines Paarreims aufgebaut ist, sowie der Einsatz von rhetorischen Figuren sind Mittel, mit denen Pfeiffers Unbekümmertheit, Spontanität und Schamlosigkeit zum Ausdruck kommen. Ein Beispiel hierfür ist die Alliteration „[…] würzt guter Pfeffer jeden pfundig Pfifferling“.  Visuell unterstützen seine Gestik, Mimik und Bewegung diese Eigenschaften: Zu Beginn schmiert er seinen Namen an die Tafel, um seinen Witz aufzulösen, was von einigen Mitschülern mit einem „Aha“ als verstanden erwidert wird. Obwohl er damit alle Verwirrung beseitigt hat, legt er im Anschluss eine Performance hin, in der er abwechselnd in den Vorder- und Hintergrund geht, sich von einer Seite zur anderen bewegt und dabei tanzt und sich höchst erfreut dem Publikum gegenüber präsentiert. Wenn man die Musik dabei in Beziehung zu der Szene setzt, fällt auf, dass die Szene in verschiedene Abschnitte gegliedert wird. Der erste kurze Teil von Takt 1-5 ist einleitend zur Darstellung der eigentlichen Lösung. Hier erfolgt noch kein Kommentar von Pfeiffer zur eigenen Aussage. Als der unisono-Part endet, folgt schließlich die schnelle Auflösung an der Tafel, währenddessen sich die Musik steigert, sodass mit dem „Pfeiffer mit drei f“ tatsächlich ein weiterer musikalischer Auftritt angekündigt wird. Mit Beginn der ersten Strophe wird bis zum Ende des Stücks die eigentliche Handlung nicht fortgeführt. Der größte Teil der musikalischen Szene sollte damit also nicht auf die Handlung bezogen, sondern viel mehr als ein musikalischer Auftritt vor dem Publikum betrachtet werden, der schlicht und einfach als Unterhaltung dient, jedoch trotzdem viel über die derzeitigen Gefühlszustände der Figuren aussagt. So hat Pfeiffer die Absicht, sich seinen Mitschülern gegenüber zu beweisen und gut anzukommen. Trotzdem nimmt er in einem Moment auch mit seinem Professor Blickkontakt auf, der nach wie vor auf einem Podest vor dem Lehrerpult steht. Dabei betont er die Bekanntheit des verharmlosten „Liedchen[s]“ und wirft ihm indirekt Unwissenheit vor. Auch hier ist Pfeiffer sehr mutig und selbstsicher, was an seiner verbalen und nonverbalen Interaktion mit dem Professor deutlich wird. Indem er mit den Fingern auf ihn zeigt, wirkt er in seiner Schülerrolle sehr dominant und fast schon belehrend, was einen Widerspruch darstellt und damit die Ungewöhnlichkeit der Situation erklärt.


Am Ende des Stücks klopft Luk ihn auf seine Schulter, was als Anerkennung und Respekt vor ihm von den Oberprimanern gedeutet werden kann.

Interessant an der Beziehung zwischen Musik und Szene ist auch, dass die Musik und Pfeiffer im Zusammenspiel so sehr im Vordergrund stehen, dass die Reaktion des Lehrers nur bei genauem Betrachten auffällt: Sein Zorn ist aufgrund der Körperhaltung erkennbar, er stützt sich am Pult ab und beugt sich nach vorn. Zudem wedelt er mit der Hand, als seine Schüler mitsingen (Abb. 6). Vergeblich ringt er dabei um Respekt, Gehorsam und verliert kurzzeitig die Kontrolle über die gesamte Klasse. Auch als er seine Körperhaltung ändert, indem er sich aufrichtet und die Arme verschränkt (Abb. 5), ändert sich nichts am Verhalten der Schüler. Stattdessen wippen sie fröhlich im Takt mit. In dieser starren, verschränkten Haltung kommt die Vermutung auf, dass Crey seinen neuen Schüler noch zurechtweisen wird. Jedoch schreibt er ihm zunächst lediglich etwas Albernheit zu.


4. Bewertung des Musikstücks/ der Szene

 

Die Szene mit dem ersten Aufeinandertreffen zwischen Pfeiffer und Prof. Crey ist gleichzeitig die erste, in der Pfeiffer auf einen Lehrer seiner Schule trifft. Noch völlig aufgeregt und interessiert an den Schulalltag eines Pennälers, stellt er sich seinem Lehrer gegenüber vor. Dabei präsentiert er sich nicht gerade als Schülervorbild der damaligen Zeit, was aber auch nicht sein Ziel ist. Er hat v. a. Lust, die Erlebnisse und Erinnerungen, die seine vier Bekannten in der Schule hatten, nachzuholen (z. B. Hefter füllen, spicken, Briefpost verschicken, Butterbrote schmieren etc.; siehe Stück „So ein richtiger Pennäler“). In dem „Pfeiffer mit drei f“ lebt er diese Lust das erste Mal richtig aus. Mit einer einprägsamen Melodie, dessen Motive mal sprunghaft, mal um einen Ton kreisend sind und sich mehrmals wiederholen, macht er sich in seiner Schule bekannt und gerade bei seinen Schülern beliebt. Außerdem sorgt er durch belebte Melodien und einen sich reimenden und stilmittelvollen Text für eine schwungvolle Abwechslung im eintönigen und strikten Schulalltag, wofür ihn seine Mitschüler sehr dankbar sind, und die in den Refrains sogar mitsingen. Letzteres beweist auch, dass er sich mit seiner Albernheit nicht zum Klassenclown, sondern tatsächlich bei ihnen beliebt macht. Dies ist jedoch nicht wunderlich, da es eine Herausforderung ist, Wörter mit vielen f zu finden und sie gleichzeitig in einen einigermaßen inhaltlich zusammenhängenden Text bzw. in zusammenhängende Textabschnitte zu fassen. Pfeiffer wirkt also nicht nur albern, sondern auch kreativ.

Manchmal scheint der Text jedoch nicht immer passend zur Situation zu sein: So drückt das „runde[s] Ding“ und die drei „Fuffzig“ etwas zu viel Lässigkeit aus, da der neue Schüler seine neue Umgebung erst einmal kennenlernen und einschätzen muss. Dies zeigt aber auch, wie stark er den Schulalltag unterschätzt und dass er eigentlich nicht bedacht hat, dass an der Schule Ordnung und Disziplin oberste Priorität haben. Dies wird ihm nach dem Stück durch Professor Crey deutlich gemacht, obwohl dieser trotzdem aufgrund seines Sprachfehlers von der Klasse nicht ernst genug genommen wird. Erst in der nachfolgenden Szene mit dem Schulleiter „Zeus“ wird Pfeiffer deutlicher konfrontiert, die Normen der Schule einzuhalten. Andererseits muss man beachten, dass es sich um eine fiktive Erzählung handelt, bei der nicht alle Handlungen logisch sein können, weil sie oft auch von einer Wunschvorstellung zeugen.

Insgesamt ist die Szene kurz, aber stimmungsvoll gehalten. Wie im originalen Film von Heinz Rühmann wird auch hier die kleine Ungenauigkeit in der Frage des Professors – obwohl klar ist, was er meint – ausgenutzt, sodass eine neckende Antwort von Pfeiffer folgt. Tatsächlich folgt nach der irritierten Rückfrage des Professors keine einfache Antwort wie im Film mit Gelächter der Klasse, sondern eben dieses Stück, das zwar die Verwirrung beseitigt, aber den Lehrer aufs Äußerste verspottet. Erreicht wird dies einerseits durch 14 beispielhafte Wörter mit mehreren (ironischerweise meist drei) f und durch das vorhandene Reimschema AABBCC… (Paarreim).  Andererseits gibt es auch auf musikalischer Ebene Indizien dafür: Es kommen besondere Intervallabstände, wie der Tritonus bei „drei f“, durch Auflösung des Es zum E vor, sowie wie bereits erwähnt ein belebter Wechsel zwischen sprunghafter und kleinschrittiger Melodie, wodurch jegliche Hemmungen vor der Lehrerinstanz verloren geht. Selbst die Pausen, wenn er Sätze beendet, werden in den Oberstimmen figuriert, sodass Pfeiffer beim Singen gar nicht zu unterbrechen und zu halten ist. Am Ende mündet der vom Lehrer ausgelöste Gesang in ein Chaos, welches durch den dissonanten Akkord (das fortissimo vom Chef) versinnbildlicht wird. Letztlich trägt auch Pfeiffers Performance zu diesen Eindrücken bei, und zeigt, dass ihm in erster Linie der Spaß wichtig ist, wenngleich er dadurch auch als kindisch wahrgenommen wird. Trotzdem will er am Anfang seiner Nachholphase noch keine Verwarnung herbeiführen, sondern den Schulalltag erleben. Erst zum Ende des Musicals provoziert er geradezu seinen Verweis aus der Schule.


Fazit


Die Szene ist sehr gut gelungen und auch wichtig, da sie zum ersten Eindruck von „Hans“ Pfeiffer beiträgt und damit vorhersagt, worauf sich die Schule in der kommenden Zeit mit dem neuen Schüler einstellen muss. Trotzdem ist die nachfolgende Anmerkung von Professor Crey, die im Film genau gepasst hat, nicht ganz passend, für ihn als Professor gar schon zu lächerlich, da es sich nicht nur um einen kurzen Witz, sondern mit der Musik, dem Text und der Darstellung um eine größere Veralberung der Aussage von Crey handelt. Man hätte daher die Empörung des Professors noch etwas mehr dramatisieren können: „Sie sind ja sowas von albern! Man spürt, dass sie auf keiner Anstalt waren! Bei uns werden sie sich aber an strenge Schulzucht gewöhnen müssen!“ Das alles beeindruckt aber den selbstbewussten Pfeiffer gar nicht!

Jonathan Jeßberger

Analyse

Die Feuerzangenbowle, Musicalsong: Ich bleibe Pfeiffer mit drei "f" (Reprise)


Der geläuterte Held


1. Einleitung


Das Musical „Die Feuerzangenbowle“, geschrieben von Burkhard F. Fabian und Johannes K. Jellinek, basiert auf dem gleichnamigen Roman von Heinrich Spoerl. Es handelt von einem Schriftsteller namens Dr. Johannes Pfeiffer, der als Kind privat unterrichtet wurde und nie zur Schule ging. Als er eines Abends mit Kollegen und Freunden eine Kneipe besucht, dort Feuerzangenbowle trinkt und deren Geschichten über die Schulzeit und die Streiche, die sie ihren Lehrern gespielt haben, lauscht, überkommt ihn das Verlangen, dies auch einmal selbst zu erleben. Pfeiffer beschließt, als angeblicher Oberprimaner das Gymnasium in Babenberg zu besuchen und den Spaß der Schulzeit, den er versäumt hat, nachzuholen.

Spannend ist nun, wie diese Rahmenhandlung erstmals in der Form eines Musicals verwirklicht wird. Um dies zu untersuchen, eignet sich das Stück „Ich bleibe Pfeiffer mit drei „F“ (Reprise)“. Das Stück, welches das Viertletzte des Musicals ist, handelt davon, wie Pfeiffer, nachdem er von seiner Liebe, Eva, zurückgewiesen worden und zugleich in zunehmend brenzlige Situationen mit den Lehrern der Schule geraten ist, damit hadert, weiterhin „Pfeiffer mit drei F“, also Oberprimaner, zu sein. Er überlegt, sein Experiment abzubrechen, und gerät in eine Art der Identitätskrise, weil er meint, versagt zu haben - die echten Erfahrungen einer Schulzeit werde er wohl niemals machen können. Letztlich findet er aber zurück zu seinem  ursprünglichen Geist und entscheidet sich dazu - so die Situation am Ende des Stückes - , „mit einem großen Knall“ zu gehen. Die Frage der im Folgenden nachgegangen werden soll, lautet, wie die Entwicklung von Enttäuschung, Verzagtheit und Hoffnungslosigkeit am Beginn des Stückes zum wiedererstarkten Selbstbewusstsein am Ende musikalisch dargestellt und unterstützt wird.

Da in diesem Stück vor allem zwei Gefühlszustände Pfeiffers dargestellt werden, nämlich die Unsicherheit und sozusagen Verlorenheit bzw. das wiedererstarkte Selbstbewusstsein und der Elan, kann man das Stück auch grob in zwei Teile teilen. Der erste Teil führt vom Anfang des Stücks bis zum Formteil M. Dieser Teil stellt die Unsicherheit und die Frage Pfeiffers dar. Mit Formteil M ändern so viele musikalische Parameter ihre Eigenschaften, dass die veränderten Gefühle und Gedanken des Protagonisten auch ohne Bild und Text des Musicals niemandem entgehen könnten. Hier wird nun die langsam zurückkehrende Selbstsicherheit und Antwort Pfeiffers unterstrichen.

Ich bleibe Pfeiffer mit drei „f“ (Reprise)

 

1.

Was ist denn plötzlich nur mit mir gescheh‘n?

Warum wollen mich denn alle immer falsch versteh‘n?

Ich fühle mich auf einmal unbedeutend klein.

Geht die Suche nie zu Ende?

 

2.

Ich wollte einmal in die Schule geh‘n,

Nur einmal eine Klasse von innen sehn.

Einmal wollte ich ein echter Junge sein,

So ein richtiger Pennäler. War das alles schöner Schein?

 

1.

Ich dachte, nie

krieg‘ ich genug!

Ist dieser Weg

Nur Selbstbetrug?

Warum entgleist

Mein Leben mir?

Ich gehe fort, nichts hält mich hier!

  

2.

Bin ich ein un-

beschrieb'nes Blatt,

Das man schon bald

Vergessen hat?

Sind nicht Geschich-

ten mein Geschäft?

Ich bin doch Pfeif-

fer mit drei „f“…

 

Ich bleibe Pfeiffer mit drei „f“

Und nicht mit „v“ wie Geneviève!

Ich geh‘ mit einem großen Knall,

Von dem sie reden überall!

Ich geb‘ der Sache nur noch einen letzten Schliff

Und erst dann hat das Ende richtig Pfiff!

Ich geb‘ der Sache nur noch einen letzten Schliff

Und erst dann hat das Ende richtig Pfiff!

 

Ich besiege meinen Kummer und erklimme diesen Berg!

Das wird meine größte Nummer, ein Riesenfeuerwerk!

Ihr werdet euch noch wünschen, dass ihr mich nie wiedertrefft…

Ich bin der Pfeiffer mit drei „f“ und nicht mit „v“ wie Geneviève!

 

Ich geb‘ der Sache nur noch ihren letzten Schliff

Und erst dann hat das Ende richtig Pfiff!

Ich geb‘ der Sache nur noch ihren letzten Schliff

Und erst dann hat das Ende richtig Pfiff!

 

Gleich Morgen gebe ich euch eine Galavorstellung!

Habe noch einmal die Ehre und fühl‘ mich wieder jung.

Ihr bekommt `ne Gänsehaut, die euch nicht so schnell verlässt…

 

Ich geh‘ mit einem großen Knall,

von dem sie reden überall!

 

Ich geb‘ der Sache nur noch einen letzten Schliff

Und erst dann hat das Ende richtig Pfiff!

Ich geb‘ der Sache nur noch ihren letzten Schliff, -

Ja und erst dann hat auch mein Ende richtig Pfiff!

2. Erster Teil („War das alles schöner Schein?“)


Beginnen wir mit der Analyse des ersten großen Teils. Dieser ist ein reiner Gesangsteil mit Klavierbegleitung, der im Gegensatz zu großen Teilen des restlichen Musicals nicht geswingt gespielt wird.


2.1 Vorspiel


Er beginnt mit zwei bzw. drei Takten Vorspiel des Klaviers (Abb. 1), der dritte Takt ist fast komplett Auftakt zum nachfolgenden Teil. Das Vorspiel des Klaviers orientiert sich am Hauptthema Pfeiffers aus dem Stück „Vergeig` das Abitur“ (Abb. 2).

Da dieses Stück die Frage Evas symbolisiert, ob Pfeiffer nicht länger an der Schule bleiben möchte, um mit ihr zusammenzubleiben, erhält das Wiederaufgreifen dieses Themas durch den inzwischen vorgefallenen Streit der beiden eine ganz neue Färbung. Diese wird auch durch die veränderte Spielweise, nun straight, im Original Swing, durch das Legato statt des Staccatos in Melodie und Akkorden, und einem vorläufigen Ende auf einem spannungsreichen Dominantseptakkord mit None, C79, erreicht. Außerdem wird die Melodie vom Klavier gespielt und nicht vom Sänger gesungen, und bildet nur einen "Scheineinsatz", da sie im zweiten Takt eine große Sekunde höher statt einer Quarte tiefer sequenziert wird. All dies führt dazu, dass dem Zuschauer und Zuhörer direkt zu Anfang des Stücks die Sehnsucht Pfeiffers, seine Trauer über den Streit mit Eva und seine Unsicherheit bewusst wird. Zusätzlich liegt die Bühne bis auf die angestrahlte Büste des Zeus völlig im Dunkeln, sodass auch direkt klar wird, wer Pfeiffer sein Glück verwehrt und der Zuschauer die Stimmung nachfühlt.


 

2.2 Erstes Thema („der Pennäler“)


Der lang gehaltene Dominantseptakkord löst sich nun im zweiten Teil zur Tonika F-Dur auf und leitet so über eine ausgereizte Spannung das erste große Thema ein (Abb. 3). Dieses Thema ist das „Pennäler“-Thema, das bereits ganz am Anfang des Musicals auftaucht. Im Stück „der Pennäler“ wirkt es leicht und erwartungsfroh. Hier vermittelt es jedoch eher eine traurige und melancholische Stimmung. Dies resultiert erneut aus der veränderten Besetzung (beim ersten Auftauchen Rhythmusgruppe und Gesang, jetzt nur Klavier), dem veränderten Feeling (beim ersten Auftauchen war wie zuvor das Original-Feeling Swing, jetzt ist es ein straight 8th Feeling), einem langsameren und freieren Tempo und einer Harmonik mit mehr Zusatztönen, wie zum Beispiel F9 statt F oder Dm711 statt Dm. Außerdem sind Dynamik und Artikulation verändert, das Thema wird nun in mezzoforte statt forte gespielt, der Sänger singt danach sogar noch leiser, mezzopiano.

Ab Formteil C setzt nämlich Pfeiffer ein, kommt auf die Bühne und übernimmt die Melodie. Hier ändern sich die musikalischen Parameter genauso wie bei der Melodie im Klavier, wodurch dieselbe melancholische Wirkung erzielt wird. Hinzu kommt jetzt, dass sich auch der Text ändert. Während der ersten Wiederholung gibt der Protagonist den Zuschauern endgültig Klarheit über seine Gefühle. Er stellt vor allem rhetorische Fragen, was seine Zweifel und seine Unsicherheit verdeutlicht. Er ist von der Situation überfordert („Was ist denn plötzlich nur mit mir gescheh'n?“ und „Ich fühle mich auf einmal unbedeutend klein“) und fühlt sich missverstanden („Warum wollen mich denn alle immer falsch versteh'n?“). Er scheint außerdem mit den in seiner gegenwärtigen Schulzeit gesammelten Erfahrungen immer noch nicht zufrieden zu sein („Geht die Suche nie zu Ende?“). Bei der zweiten Wiederholung dieses Themas nimmt Pfeiffer direkt Bezug zum Text aus „der Pennäler“. Während er verträumt durch das Klassenzimmer streicht, wiederholt er den „Pennäler“-Text, lediglich die Zeitform ändert er. Präsens (z.B. „Ich will nur einmal in die Schule geh`n“) wird zu Präteritum (z.B. „Ich wollte einmal in die Schule geh`n“). Dadurch wird klar, dass das nun eigentlich nicht mehr sein Wille ist, er ist sich nicht mehr sicher, ob er wirklich in die Schule gehen will. Zusätzlich unterstrichen wird dies durch die Frage, die am Ende eingefügt wird: „War das alles schöner Schein?“. Sie wird über einen C-Akkord mit Quartsextvorhalt und Sieben gestellt und stellt Pfeiffers Hoffnungen auf ein Schülerdasein als Wunschtraum infrage.

 

2.3 Zweites Thema


Der nun folgende Teil ab Formteil E ist so melancholisch, dass er eigentlich nach Abschied klingt. Er ist insgesamt ähnlich aufgebaut wie der erste Teil mit dem ersten Thema, eine Wiederholung mit der Melodie im Klavier als Soloklavier und danach zwei Wiederholungen mit der Melodie beim Sänger. Der Unterschied ist, dass das Thema des zweiten Teils im Musical bisher noch nicht aufgetaucht ist. Eine Wiederholung ist zwölf Takte lang, wobei die ersten sechs Takte aus einer zweitaktigen Phrase bestehen, die jeweils um eine große Sekunde erhöht zweimal wiederholt wird (Abb. 4).

Die erste zweitaktige Phrase besteht im Kern aus einer aufsteigenden Schrittmelodik, aufgeteilt in zwei auf der ersten Zählzeit des Taktes endenden Auftakten aus jeweils drei Achtelnoten. Der erste Auftakt besteht aus den Intervallen Quarte, Sekunde und einer Sekunde zum Ton auf der Eins, alles aszendent. Der Zweite ist eine Sekunde, eine Terz und dann eine kleine Septime, im Gegensatz zu allen anderen Intervallen der Melodie abwärts, sodass der zweite Auftakt eine Quinte tiefer als der erste endet. Es wird in der Harmonik viel mit Akkordbrechungen gearbeitet, die ersten zwei Takte wird dieses Thema in F-Dur über Tonika und eine II-V-Verbindung gespielt, die nach C-Dur moduliert. Stattdessen wird allerdings nach D-Moll ausgewichen, dadurch ändern sich teilweise die Intervalle, große Sekunden werden z.T. zu kleinen oder die kleine Terz zu einer großen. Die Töne auf der Eins sind einen Tritonus statt einer Quinte voneinander entfernt. Die Akkordfolge ist Moll-Subdominante und ii-V-Verbindung mit Dur-Dominante. Die zweite Sequenzierung unterscheidet sich stärker vom ersten Thema. Das Thema wird insgesamt zwar wieder eine große Sekunde nach oben verschoben, nun ist die Tonart aber C-Dur. Das Thema wird nur über einen Akkord gespielt, die Tonika-Parallele A-Moll, während der Bass mit Oktavsprüngen chromatisch absteigt. Außerdem ist das letzte Intervall nicht eine kleine Septime sondern nur eine große Terz abwärts. Die nächsten zwei Takte der Wiederholung bestehen aus der Subdominante in C-Dur, F, mit großer Septime und der Dominante, G, mit kleiner None, kleiner Septime und Sextvorhalt (Abb. 5).

Durch das Verändern der Umkehrung der Subdominante auf jeder Viertelnote, die als gebrochene Akkorde gespielt werden, und dem Sextvorhalt, der aufgelöst wird, entsteht eine absteigende Akkordmelodik, die über einem Dominantseptakkord endet. Daraufhin folgen die letzten vier Takte der Wiederholung, in denen schlicht zwei Takte lang die Auflösung zum C-Dur Akkord verzögert wird (Abb. 6).

Dies wird über eine Art mediantische-Harmonik erreicht, die vier vorkommenden Akkorde, Ab, Fm, Eb und Db, sind alle keine Akkorde der Tonart C-Dur. Sie sind alle der Tonart Ab-Dur bzw. F-Moll entnommen, was die Subdominante in Moll zu C-Dur wäre. Die Melodie enthält viele kleine-Sekund-Intervalle, und Quarten bezogen auf den Akkord zu dem sie gespielt wird. Sie „schraubt“ sich bis zum Leitton zu C, dem Db, hoch, um dann schließlich nach C-Dur aufzulösen. Der Akkord wird als Arpeggio gespielt.

Dieses Thema klingt also so melancholisch aufgrund der vielen kleinen Sekunden die in der Meoldie bzw. der Chromatik im Bass vorkommen, der gebrochenen Akkorde und des sehr freien Rhythmus`. Außerdem erkennt man in dem Thema eine Art Wiederspiegelung des Dillemmas des Protagonisten. Die Melodie „schraubt“ sich immer höher, dabei sind die ersten zwei Takte noch recht unmelancholisch aufgrund der wenigen kleinen Sekunden. Die nächsten zwei sind klagender, es tauchen gehäuft kleine Sekunden auf und die Melodie ist in Moll. Die zwei Takte danach verstärken diesen Eindruck weiter, es tauchen noch mehr kleine-Sekund-Intervalle auf und die Melodie macht als letztes Intervall eines zwei-Takt-Abschnitts keinen großen Sprung abwärts mehr, sondern bleibt in der Höhe. Dadurch und durch den großen Ambitus der Melodik wird eine immer stärkere Spannung erzeugt, die sich dann in der aszendenten Akkordmelodik - man könnte meinen - auflöst. Diese klingt aber immer noch sehr klagend, vermittelt auch durch das Enden auf einem Dominantseptakkord. Der  jedoch keine richtige Auflösung hat, da diese ja zwei Takte verzögert wird. Man erkennt also die immer weiter steigende Intensität der Frage Pfeiffers, dieser sitzt während der ersten Wiederholung nachdenklich und bedrückt im Klassenzimmer, und dann die ihn traurig machende Antwort, über die er sich allerdings noch nicht ganz sicher zu sein scheint.

Alle diese Eigenschaften des Themas werden auch im Text und im Schauspiel des Pfeiffer während der zweiten und dritten Wiederholung verdeutlicht. In diesen Wiederholungen wird die Steigerung der Anspannung im Verlauf des Themas außerdem dadurch verstärkt, dass die Melodie ab dem fünften Takt durch das Klavier gedoppelt wird und sich im Gesang überhaupt nicht nach C-Dur auflöst, sondern jede Wiederholung auf dem Dominantseptakkord endet. Wieder wird die Unsicherheit und Trauer des Protagonisten textlich vor allem durch rhetorische Fragen ausgedrückt. Am Ende der ersten Wiederholung singt Pfeiffer: „Ich gehe fort, nichts hält mich hier!“, während er seine Pennäler-Mütze ablegt. Hier sieht man also klar seine Entscheidung festgehalten: Er will wieder in sein altes Leben zurückkehren und die Schule endgültig hinter sich lassen. In der zweiten Wiederholung wird vor allem klar, wie enttäuscht er von diesem Fehlschlag ist, und wie sehr dies seinem Selbstbild widerspricht. Er fragt: „Sind nicht Geschichten mein Geschäft?“ und sagt „Ich bin doch Pfeiffer mit drei  „F““, was auf einen Widerspruch dieser Situation mit seinem Selbstbild schließen lässt. Mit dieser Aussage verlässt er das Klassenzimmer, nachdem das Klavier den C-Dur Akkord als Arpeggio über ca. fünf Oktaven gespielt hat. Pfeiffer scheint seine Entscheidung getroffen zu haben - auch wenn er mit ihr nicht glücklich ist -  und handelt danach. Nun wird das Thema noch ein letztes Mal, diesmal wieder nur durch das Klavier, wiederholt, allerdings zwei Oktaven höher. Das bewirkt, dass diese Wiederholung wie ein letzter melancholischer Nachhall klingt und Pfeiffer endgültig gegangen zu sein scheint. Verstärkt wird dies zusätzlich durch die Auflösung des Themas im C-Dur Akkord, die diesmal nicht über eine mediantische Harmonik verzögert wird. Stattdessen wird die Subdominanten-Dominanten Verbindung aus dem siebten und achten Takt in ihrer Länge verdoppelt und die Akkordmelodik steigt drei Oktaven fast nur ab. Die Dominante wird zunächst auch nach dem Prinzip der Subdominante gespielt - gebrochene Akkorde, Melodie durch Änderung der Akkordumkehrung auf jeder Viertelnote - bis sie sich auf Zählzeit drei und vier des vierten Taktes in alter Form, lediglich diminuiert, direkt nach C-Dur auflöst. Hier endet der erste große Teil des Stücks: Pfeiffer, in der Krise, melancholisch und bedrückt, hat sich schließlich dazu durchgerungen, so scheint es, das Pennal zu Babenberg hinter sich zu lassen und in sein altes Leben zurückzukehren.

 

3. Zweiter Teil („Ich bleibe Pfeiffer mit drei „f“ “)


Nun folgt musikalisch ein sehr starker Bruch, der aber nicht sofort erkennbar ist, weil nun über den sehr lang gehaltenen C-Dur Akkord des Klaviers von unterschiedlichen Blasinstrumenten das Pfeiffer-Thema gespielt wird. Nichtsdestotrotz ist er auch da schon inhaltlich zu erkennen. Diese sehr freien Einwürfe sind sozusagen ein Nachhall des alten Pfeiffer. Sie wollen den Protagonisten, der mittlerweile reisefertig mit einem Schild, auf dem Berlin steht, per Anhalter nach Hause fahren will, zurückrufen und an sein altes Ich erinnern. Als letzter dieser fünf Einwürfe erklingt der des Baritonsaxophons, er ist sehr laut, fortissimo, sehr kräftig und sehr endgültig gespielt, da fast alle Noten akzentuiert sind und das sozusagen in der Natur des Instruments liegt. Das ist fast schon ein Befehl zur Rückkehr Pfeiffers bzw. ein sehr eindeutiger Gedanke des Protagonisten. Wie man an der Änderung der musikalischen Parameter merkt, ist dieser nämlich dabei, seine Entscheidung zu überdenken. Die wahrscheinlich auffallendsten und signifikantesten Änderungen sind, dass sich das Tempo mehr als verdoppelt, die Dymanik deutlich lauter wird, nun die gesamte Big Band spielt und der Teil nicht im straight 8th Feeling sondern im Swing gespielt wird. Nun steigert sich dieser Gedanke immer mehr, indem in Formteil N die Band nach und nach einsetzt und die Holzbläser und das Vibraphon sich hochschraubende, sehr lebhaft wirkende Melodielinien als Synkopen spielen, während Pfeiffer sein Schild alle zwei Takte hin- und herdreht: Auf der Rückseite steht Babenberg. Dieser Teil ist mit dem D-Teil der „Ouvertüre I“ nahezu identisch und schlägt so den Bogen zum Anfang des Stückes, wo diese Art der Steigerung und des Spannungsaufbaus auch dazu genutzt wurde, das Pfeiffer-Thema vorzustellen. Hier erklingt in Formteil O nun auch das Pfeiffer-Thema, im Gegensatz zur Ouvertüre allerdings nur von Klavier und Gesang unisono in zwei Oktaven, während Pfeiffer das Schild auf die Babenberg-Seite dreht, freudig aufschaut, das Schild wegwirft und seine Jacke auszieht. Hier beginnt nun noch einmal das Stück „Ich bin Pfeiffer mit drei „F“ “, die restliche „Reprise“ ist bis sechs Takte vor Schluss des Stücks nahezu identisch, lediglich der Text wurde verändert und die folgenden Pfeiffer-Themen, die im Original von der Klasse mitgesungen werden, werden hier stattdessen von der Big Band unisono mitgespielt. Dadurch wird klar, dass Pfeiffer sich nun um- bzw. endgültig entschieden hat. Er hat wortwörtlich sein altes Selbstbewusstsein, nämlich das, das er beim Stück „Ich bin Pfeiffer mit drei „F“ “ hatte, wiedererlangt, und wird nicht zurück nach Berlin fahren. Er wird weiter in der Schule bleiben. Während des restlichen Stücks läuft der Protagonist nun durchs Publikum, nachdem er sich seine Pennälermütze aufgesetzt und seine Schultasche aufgehoben hat. Interessant ist, wie der Text verändert wurde. Eine durch die skizzierte Entwicklung begründete Veränderung ist zum Beispiel, dass er während des Pfeiffer-Themas nunmehr „Ich bleibe Pfeiffer mit drei „F“ “ statt „Ich bin der Pfeiffer mit drei „F“ “ singt. Im Wesentlichen handelt der Text nun davon, dass er „mit einem großen Knall“ gehen will, um „der Sache nur noch ihren letzten Schliff“ zu geben. Er will also nicht einfach so, ohne Aufsehen zu erregen, das Pennal verlassen, wahrscheinlich, um seinem Selbstbild wieder zu entsprechen. Außerdem will er seinen „Kummer“ besiegen, also die Melancholie, die ihn in der ersten Hälfte des Stücks überkam, und „diesen Berg“ erklimmen, also die Herausforderungen, vor denen er steht, mit Bravour meistern. Pfeiffer ist wieder selbstbewusst wie zuvor, daher eben das alte Stück vom Beginn seines „Abenteuers“. Er will zwar gehen und hat gemerkt, dass seine Laufbahn als Schüler sich dem Ende neigt, möchte sich aber treu bleiben, und nicht still und heimlich verschwinden, sondern noch einen letzten großen Streich spielen. Allerdings: Die letzten sechs Takte des Stücks „Ich bleibe Pfeiffer mit drei „F“ (Reprise)“ unterscheiden sich vom Ende des Stücks „Ich bin Pfeiffer mit drei „F“ “. Hier wird der letzte Ton der letzten Frage, im „Original“-Stück die Zählzeit „zwei und“ des drittletzten Taktes, eine kleine Terz höher, als Bluenote, gespielt, mit einem Crescendo noch über eineinhalb Takte ausgehalten. Danach halbiert sich das Tempo ungefähr, es wird kein Swing mehr gespielt und durch das Schlagzeug, das Achtel-Triolen spielt, ändert sich auch das Gefühl des Metrums. Daraufhin erfolgt die homophone Antwort, so laut wie nur möglich, als akzentuierte Viertelnoten. Sie steigert sich in den ersten zwei Takten durch verspätetes Einsetzen von Instrumenten in die homophone Melodie, die jeweils in den Takten aszendent ist, im ersten Takt als Akkordmelodik, im zweiten als Stufenmelodik. Das Ende der Antwort wird verzögert, der eigentlich letzte Ton bzw. das letzte Wort, „Pfiff“, wird nur vom Sänger nach einer Viertelpause gesungen, um die Spannung zu halten. Danach spielt die Band sozusagen lautmalerisch den Schlussakkord mit Auftakt, der Auftakt besteht aus dem „Pfeifferton“, dem Tritonus, und dem Leitton, Db, zu C. Richtig aufgelöst wird das Stück jedoch nicht, der Schlussakkord ist C9 #11 13, natürlich mit dem „Pfeiffer-Ton“, der #11. Durch den riesigen Ambitus der von der Band abgedeckt wird und teilweise Instrumente an ihre Grenzen bringt, klingt der letzte Akkord eben auch nach einem „großen Knall“ und nach „Gänsehaut“.

 

4. Fazit


Abschließend lässt sich festhalten, dass die „Reprise“ die Ambivalenz Pfeiffers und seine inneren Prozesse musikalisch vor allem durch die Bezugnahme auf die und ggf. eben Abwandlung der bereits aufgetauchten Themen transportiert. Das funktioniert, da der Zuschauer mit den bereits bekannten Themen jeweils einen bestimmten Zustand Pfeiffers verbindet, wie zum Beispiel den innigen Wunsch, auch einmal die Schulzeit zu erleben, mit „Der Pennäler“, oder ein allumfassendes Selbstbewusstsein und den Drang, Streiche zu spielen, mit „Ich bin Pfeiffer mit drei „F““. Daher funktioniert es auch, diese positive oder negative Besetzung eines Themas durch Abwandlungen desselben ins Gegenteil zu verkehren, beispielsweise die Hoffnungslosigkeit und Trauer, die in der „Reprise“ während des abgewandelten „Pennäler“-Themas deutlich wird. So wird der Held geläutert.

Bemerkenswert ist, dass mit vergleichsweise wenig neuen Elementen ein außerordentlich wirksames Musicalstück komponiert wurde, das zusätzlich auch noch schön anzuhören ist und dessen Motive und Melodien sich schnell einprägen.   


Dr. Johannes Pfeiffer, der wär‘ der richt‘ge Mann


1.

Ach, seht’s nur an, das Hänschen, wie es sich profiliert!

Lehnt weit sich aus dem Fenster und hat nicht mal studiert.

(zu Pfeiffer:)

Mit Anzug, Bart und Schnauzer, wärst du schon ganz nah dran!

„Doktor“ Johannes Pfeiffer, der wär‘ ein richt‘ger Mann…

 

1. Refrain

Doch… Hänschen klein, willst Pfeiffer sein, und bist nicht Mann noch Maus.

Hätt‘st gern mit mir ein Stelldichein, doch hast den Dreh nicht raus.

Mich lockt nicht plumpe Prahlerei, kein falscher Lobgesang!

„Doktor“ Johannes Pfeiffer, der wär‘ ein richt‘ger Mann,

Der wär‘ der richt’ge Mann!


2.

Der wahre Doktor Pfeiffer - ein echter Literat!

Mit Geist, mit Charme, mit Würde, von feinster Herrenart!

(zu Pfeiffer:)

Schriebst du wie dieser Dichter, so nähm‘ ich wirklich an,

Wärst du der Doktor Pfeiffer, der wär‘ ein richt‘ger Mann.

 

2. Refrain 

Ach, Hänschen klein, komm lass es sein, so wird da gar nichts draus.

Bin ich auch gern mit dir allein; lang‘ halt ich das nicht aus.

Auch wenn du mir den Kopf verdrehst, ich schwärme, dann und wann…

Du bist nicht Doktor Pfeiffer, der wär‘ ein richt‘ger Mann,

Doktor Johannes Pfeiffer,

Der wär‘ der richt‘ge Mann.


3.

Ein Mann mit schönen Augen, mit großem Intellekt.

Ein Mann, der auch in harten Zeiten zeigt, was in ihm steckt.

So einen würd‘ ich nehmen, nicht dich, du Schlendrian!

Der wahre Doktor Pfeiffer, ach das wär‘ mal ein Mann!

 

3. Refrain:

Oh, Hänschen klein, mein Hänschen fein, du bist so furchtbar süß!

Und wärst du jener Künstler, wär‘ dein Kuss das Paradies.

Ich wär‘ im siebten Himmel und käme endlich an.

Wärst du der Doktor Pfeiffer, wärst ein perfekter Mann,

Wärst du der Doktor Pfeiffer, Wärst der perfekte Mann.


4.

Es wär‘ zu schön um wahr zu sein: Ein Schriftsteller und ich!

Zu dem sagt auch Papa nicht nein, Berliner oder nicht.

Er würd‘ mich glücklich machen, bis ich mal alt und grau.

So wär‘ ich bis zum Ende zufrieden seine Frau!

 

4. Refrain:

Drum: Hänschen klein, willst Pfeiffer sein, dann häng‘ dich mächtig rein!

Du bist noch weit entfernt davon, ein Gentleman zu sein.

Willst du für dich gewinnen mich, nimm‘ dir ein Beispiel an

Dem wahren Doktor Pfeiffer! Das wär‘ ein richt‘ger Mann!

Doktor Johannes Pfeiffer!


Der wär‘ der richt‘ge Mann! 

Johanna Hansen

Analyse

Die Feuerzangenbowle, Musicalsong


Dr. Johannes Pfeiffer, der wär' der richt'ge Mann


Dr. Johannes Pfeiffer ist ein bekannter und erfolgreicher Schriftsteller. Seine Laufbahn hat nur einen Haken: Pfeiffer hat nie eine Schule besucht, sondern sein Abitur mit Privatunterricht erstanden. Bei einem Treffen mit seinen Freunden um die Feuerzangenbowle beschließt Dr. Pfeiffer, den Schulbesuch einfach nachzuholen.

In Babenberg lernt er die Oberprimaner Rosen, Melworm, Ackermann, Knebel, Luck und die Husemanns kennen und stellt ihren Schulalltag mit vielen Scherzen auf den Kopf. Dabei sind die Jungen immer auf der Hut vor dem strengen Direktor Zeus.

Doch dann lernt Pfeiffer die hübsche Musik-Referendarin Eva kennen, die gleichzeitig auch die Tochter des Direktors ist. Pfeiffer und Eva verlieben sich ineinander, doch der Liebe steht einiges im Weg. Pfeiffer ist eigentlich Marion in Berlin versprochen und Zeus möchte seine Tochter mit einem Lehrer verheiraten. Dazu kommt, dass Eva Johannes nicht glauben möchte, dass er der berühmte Schriftsteller ist. An dieser Stelle ist das zu analysierende Stück zu verorten. Eva vergleicht ihr „Hänschen“ (Johannes) mit dem großen Dr. Pfeiffer und zeigt ihm, dass er zu unbedeutend wäre, um ihn zu heiraten.

Später im Musical übernimmt Pfeiffer als Lehrer verkleidet den Unterricht und erlangt durch einen Trick die Zustimmung von Zeus zu einer Verlobung mit Eva.

Am Ende des Musicals klärt Pfeiffer die Zuschauer auf. Die Handlung hat er erfunden, nur das Austauschen der Erinnerungen um die Feuerzangenbowle war die Wahrheit.

„Dr. Johannas Pfeiffer, der wär‘ der richt’ge Mann“ ist grob in vier Teile geteilt. Dabei werden die ersten drei Teile dreimal wiederholt, während der letzte Teil lediglich als Abschluss des Stückes dient.

Der A-Teil erstreckt sich von Takt eins bis Takt 22, wobei zu Beginn des Teils eine viertaktige Introduktion erklingt. Der B-Teil beginnt mit einem Auftakt auf der letzten Viertelnote in Takt 22 und geht bis zu Takt 27. Auf der letzten Achtelnote in Takt 27 beginnt der dritte Teil (C-Teil), der sich bis Takt 33 zieht. Der letzte Takt von C ist gleichzeitig auch wieder der erste Takt von A, denn während der Gesang noch den dritten Teil abschließt, beginnt die Begleitung den ersten Teil. Nach der dritten Wiederholung der drei Hauptteile setzt in Takt 33 die Begleitung für den Abschluss ein.

Die Besetzung des Stückes ist klein und besteht aus einer Sängerin, die im Sopran singt, einem Klavier und einem Vibraphon. Klavier und Gesang sind typisch für ein Musical, während ein Vibraphon seltener Verwendung in Musicals findet. Das Vibraphon gehört jedoch zu den Jazzinstrumenten und ist damit sinnvoll für ein Musical, das für eine Big Band geschrieben wurde. Das Klavier hat in dem Stück eine intime Wirkung, es entsteht bei den Zuschauern das Gefühl, dass sie in eine Situation versetzt werden, in der die Protagonisten sich unbeobachtet fühlen. Das Vibraphon erzeugt mit seinem eher ungewohnten Klang eine mystische, verzauberte Atmosphäre.

Sängerin, Klavier und Vibraphon sind homophon, wobei der Sopran als Hauptstimme führt. Das Vibraphon ist im A-Teil noch homorhythmisch zum Gesang, in den B- und C-Teilen jedoch nicht mehr. Das Klavier ist eine das Metrum unterstützende Begleitung, die meist Akkorde auf den betonten Zählzeiten spielt. In C spielt das Vibraphon ähnlich wie das Klavier. Die Hauptaufmerksamkeit der Zuschauer wird auf die Sängerin gelenkt.

Die Taktart wechselt innerhalb des Stückes mehrmals. Der A-Teil steht durchgehend im Dreivierteltakt. Dabei ist das Metrum klar zu erkennen, da das Klavier immer auf die betonte Zählzeit (eins) einen Akkord spielt, der dann über den Rest des Taktes gehalten wird. Auch die Sängerin betont die Eins jedes Taktes. Auch der Abschluss des Stückes (T. 33 – 45) steht im Dreivierteltakt. Durch das Ritardando ab Takt 40 wird es jedoch immer schwieriger, ein Metrum zu erkennen. Ein Dreivierteltakt wirkt schwingend oder verträumt und stellt so Evas Schwärmerei für den für sie unerreichbar scheinenden Dr. Pfeiffer dar. Am Ende des Stückes schweift Eva in Gedanken immer weiter ab, was durch das kaum noch erkennbare Metrum in der Musik verdeutlicht wird.

Für den B-Teil erfolgt ein Taktartwechsel in einen Viervierteltakt, der eine voranschreitendere Wirkung erzeugt. Auch in diesem Teil ist das Metrum deutlich zu erkennen, da das Klavier hauptsächlich Viertel spielt. Im Takt 26 erfolgt ein Taktartwechsel innerhalb eines Sinnabschnittes auf einen Zweivierteltakt, um dann einen Takt später wieder in den Viervierteltakt zurück zu wechseln. Der Taktartwechsel hat ein kurzes Innehalten vor dem Übergang zum nächsten Teilabschnitt zur Folge.

Der C-Teil beginnt, wie der B-Teil, im Viervierteltakt und wechselt einen Takt vor dem Ende des Teils in einen Zweivierteltakt. Auch hierbei wird ein kurzes Innehalten erzeugt. Das Metrum ist weiterhin deutlich zu erkennen, da das Klavier seine Viertelnoten größtenteils weiterführt und auch das Vibraphon mit den halben Noten die im Viervierteltakt betonten Zählzeiten Eins und Drei betont. Der letzte Takt des C-Teils, der gleichzeitig auch der erste Takt des A-Teils ist, steht wieder im Dreivierteltakt.

Die Enden der drei Teile haben, durch die Fermaten auf den letzten Tönen, ein freies Metrum. Dadurch wird mit dem gerade gespielten Teil abgeschlossen und auf den neuen Teil vorbereitet.

Das Stück „Dr. Johannes Pfeiffer, der wär‘ der richt’ge Mann“ besteht hauptsächlich aus einem einfachen Rhythmus.

Im A-Teil scheint der Rhythmus komplex durch die synkopischen Viertelnoten, die z. B. im ersten Takt auf der Zählzeit „Zwei und“ erscheint. (siehe Bsp. 1)

Der A-Teil wird im Medium Swing gesungen und gespielt. Dadurch und durch die Wiederholungen des Rhythmus wird der ursprünglich komplexere Rhythmus für den Zuschauer leichter verständlich. Durch den Medium Swing erhält die Musik einen schwingenden Charakter, der den Dreivierteltakt mit unterstützt. Der Rhythmus des Vibraphons ist fast identisch mit dem der Sängerin und unterstützt diese somit. Der A-Teil ist also homorhythmisch zwischen Vibraphon und Sängerin.

Auch der B-Teil ist rhythmisch einfach. Im Gegensatz zum A-Teil wird der B-Teil mit Straight 8th feel gespielt. Da das Vibraphon aussetzt, trägt die Hauptstimme allein den Rhythmus aus Achtelnoten der Melodie, wird jedoch durch die Viertelnoten des Klavieres gestützt. Die Hauptstimme erinnert an ein Kinderlied, wodurch sich der einfache, leicht verständliche Rhythmus erklären lässt. In Takt 27 setzt das Vibraphon wieder ein. Während Gesang und Klavier eine Fermate halten, spielt das Vibraphon einen Lauf aus Zweiunddreißigsteln, der auch auf einer Fermate endet. Der Lauf kommt für den Zuhörer unerwartet und verbreitet eine geheimnisvolle Wirkung. Gleichzeitig dient er als Abschluss des zweiten Teils.

Im C-Teil behält der Gesang seinen einfachen Achtelrhythmus mit Straight 8th bei. Der Rhythmus ist fast identisch mit dem des B-Teils. Auch das Klavier unterstützt den Gesang weiterhin durch vorwiegend Viertelnoten. Hinzu kommt das Vibraphon, das den Gesang mit halben Noten, ab Takt 31 Viertelnoten, begleitet und somit sowohl den Gesang als auch das Klavier begleitet. Während im B-Teil die Fermate der Abschluss des Teils war, wird der C-Teil nach der Fermate in Takt 31 weitergeführt und endet erst zwei Takte später im Gesang, in der Begleitung einen Takt später.

In der Coda (dem Abschluss des Stückes) setzt der Gesang aus. Das Vibraphon spielt von Takt 33 bis Takt 40 die gleiche rhythmische Figur wie in A, wechselt dann aber ab Takt 41 in lange Notenwerte, im letzten Takt sogar mit Fermate. Dies deutet auf das Ende des Stückes und dient als Abschluss. Auch das Klavier ist in den Takten 33 bis 40 rhythmisch gleich zu A, mit einer Ausnahme in Takt 39. Dort spielt die rechte Hand anstatt einer punktierten halben Note erst eine Achtelnote und dann eine weitere Achtelnote, die zu einer halben Note überbunden wird. Diese Figur klingt wie ein nach hinten verschobener Vorschlag, der sehr langsam gespielt wird. Damit wirkt die Musik noch ruhiger und langsamer, fast schon schleppend. In den letzten vier Takten des Stückes spielt das Klavier noch einmal die neue Figur und hält den aus der Figur entstandenen Akkord bis zum Ende des Stückes. Es wird musikalisch gezeigt, wie Evas Gedanken in immer weitere Ferne abschweifen und sich langsam verlieren.

Ähnlich wie die Taktart verändert sich auch das Tempo zwischen den einzelnen Teilen. Das Stück beginnt in einem Tempo von 150 bpm (Beats per Minute), durch die Akkorde des Klaviers und die insgesamt ruhig gehaltenen Begleitung wirkt der A-Teil jedoch sehr ruhig. Dazu tragen auch der Dreivierteltakt und die Spielweise im Medium Swing bei.

Im B-Teil sinkt das Tempo auf 87 bpm, wirkt jedoch durch die Straight 8th und die Viertelnoten in der Klavierbegleitung schneller als der A-Teil. In C wird das Tempo aus dem vorhergehenden Teil weitergeführt.

In der Coda ändert sich das Tempo wieder zu 150 bpm, erzielt aber wie im A-Teil eine ruhigere Wirkung, die durch das Ritardando ab Takt 40 noch weiter verstärkt wird. Im A-Teil und in der Coda ist Eva oft in Träumereien über „ihren Dr. Pfeiffer“ vertieft, weshalb das Tempo ruhiger wirkt, während sie in B und C ihre Enttäuschung darüber, dass Hans nicht der berühmte Schriftsteller sein kann sich aber so aufführt, zum Ausdruck bringt. Mit den stärkeren Gefühlen wirkt auch die Musik voranschreitender.

Für die Melodik wird hauptsächlich der Gesang berücksichtigt, da dieser als Hauptstimme die Melodie enthält.

Im A-Teil ist die Melodie in den Takten vier bis sechs zusammen mit den ersten Achtelnoten aus Takt sieben ascendent, um dann bis Takt acht eine descendente Bewegung zu vollziehen. Es handelt sich um eine Sprungmelodik. Aufgrund der fast ausschließlich vorliegenden Terzen und Quarten handelt es sich um eine Dreiklangsmelodik. (Siehe blaues Bsp. 2)

Das Motiv der ersten vier Takte des A-Teils wird einmal wiederholt, dann folgt ein zweites Motiv, das dem ersten sehr stark ähnelt, sich aber im zweiten Takt vom ersten Motiv unterscheidet. Auch das zweite Motiv wird einmal wiederholt. Das zweite Motiv lässt sich auch als leicht veränderte Sequenzierung des ersten Motives auffassen. Die aszendenten und deszendenten Bewegungen stellen Evas positive Schwärmereien (aszendente Bewegung) und die Dämpfung dieser durch die Realität (deszendente Bewegung) dar.

Es handelt sich um eine einfache, einprägsame Melodik, die durch einfache, dem Zuhörer bekannte Intervalle sanglich ist. Des Weiteren kommt es vermehrt zu Tonwiederholungen (im Bsp. 2 lila markiert), die die Melodie weiter vereinfachen.

Der B-Teil besteht aus einem zweitaktigen Motiv, das insgesamt deszendent ist und einmal wiederholt wird. Es handelt sich um eine Dreiklangsmelodik, in der meist Terzen verwendet werden (im Bsp. 3 blau markiert). Insgesamt lässt sich in der Melodie eine diatonische Abwärtsbewegung von h zu fis erkennen (im Bsp. 3 grün markiert). Diese descendente Bewegung stellt Evas Enttäuschung über Pfeiffer dar, der vorgibt, berühmt zu sein, es aber ihrer Ansicht nach nicht sein kann.

Die Melodie des B-Teils erinnert sehr stark an das Kinderlied „Hänschen Klein“, was unter anderem auf Pfeiffers Namen anspielt. Das Kinderlied handelt davon, dass ein Junge mit Namen Hans in die für ihn unbekannte Welt aufbricht und nach sieben Jahren zu seiner Familie zurückkehrt. Als Hans sein altes Dorf betritt, wird er von den meisten Menschen dort nicht erkannt. Nur seine Mutter erkennt ihren nun erwachsenen Sohn wieder. Diese Geschichte ähnelt der Pfeiffers. Auch er begibt sich in eine für ihn unbekannte Welt, die der Schule. Als er seine wahre Identität preisgeben will, wird er nicht erkannt, so wie Hans von den Dorfbewohnern nicht erkannt wird. Dass Eva ein Kinderlied zu Hans singt, zeigt, wie wenig sie ihn ernst nimmt und für wie kindisch sie ihn hält in seinem Versuch, sie von der Wahrheit zu überzeugen. Im letzten Takt von B spielt das Vibraphon einen gebrochenen Akkord über die Mollsubdominante Sixte ajoutee (Am(#6) einen aszendenten Lauf über zwei Oktaven (Bsp. 4).

Diese Akkordbrechung stellt einen Bezug zur Ouvertüre des Musicals dar, in der das Vibraphon mehrere Läufe dieser Art spielt und so eine geheimnisvolle, spannungsgeladene Atmosphäre als Grundlage für die „Feuerzangenbowle“ schafft. Sicherlich nicht zufällig findet man hier die Tritonusspannung (C-F#) aus dem Pfeiffermotiv; denn auch für Pfeiffer entsteht eine spannungsgeladene Situation, da er nicht mehr als der große Schriftsteller erkannt wird. Nach dieser Szene muss Pfeiffer sich entscheiden, ob er ein einfaches Leben als ehemaliger großer Schriftsteller führen möchte, oder sein altes Leben wieder aufnehmen möchte und Eva aufgeben will.

Im C-Teil bewegt sich die Melodie in den Takten 28 bis 30 halbtaktig ascendent und descendent. Die letzte Achtelnote in Takt 30 weicht mit einem Sextsprung von diesem Schema ab. Bis Takt 30 handelt es sich um Stufenmelodik, da die Abfolge von Stufen der Anzahl der Abfolge von größeren Intervallen überwiegt (siehe Bsp. 5). Ab Takt 31 handelt es sich wieder um Dreiklangsmelodik, die sich descendent verhält, wobei von der dritten zur vierten Viertelnote in Takt 31 ein Oktavsprung erfolgt. Dadurch wird der letzte Teil von C weniger sanglich, was zeigt, wie zerrissen Eva von ihren Gefühlen für Hans und „Dr. Pfeiffer“ ist. Auch das Schwanken zwischen Ascendenz und Descendenz zeigt das Schwanken der Gefühle von Eva: auf der einen Seite liebt sie Hans, auf der anderen Seite ist sie enttäuscht und verärgert über sein Verhalten und dass er sie scheinbar anlügt.

Die Tonlage des Gesangs ist eine hohe Lage, da es sich um eine Sopranistin handelt. Der Ambitus reicht vom kleinen h bis zum zweigestrichenen e und ist damit der gängige Ambitus für Sopran. Eine hohe Tonlage wirkt hell und unschuldig. Somit wird Eva als unschuldig, teilweise sogar kindlich-naiv dargestellt, da sie Hans nicht glauben will, wer er wirklich ist.

Das Stück steht in der Tonart E-Dur.

Von Takt eins bis Takt 12 wechseln sich taktweise die Tonika (E) und die Subdominantenparallele mit Septime und verminderter Quinte  (Fism7 -5) ab. Von Takt 13 bis Takt 19 wechseln sich taktweise die Subdominantparallele (Fism) und die Dominantparallele mit Septime und verminderter Quinte (Gism7 -5) ab. Die letzten zwei Takte des A-Teils (Takt 20/21) unterscheiden sich vom Rest dieses Teils, da die Subdominantparallele ein zweites Mal erklingt und dabei mit Septime und Quarte (Fism7 sus4) verändert erscheint. Daraufhin folgt die Dominante (H) anstatt der Dominantparallelen. Die Dominante am Ende des A-Teils führt zur Tonika zu Beginn des B-Teils.

Im B-Teil wechseln die Akkorde halbtaktig. Hierbei wechselt sich in jeweils einem Takt die Tonika mit großer None (Eadd9) entweder mit der Subdominante mit Sexterweiterung (A6) oder mit dem Dominantseptakkord (H7) ab. Abweichungen von diesem Schema gibt es in Takt 26, da dieser nur ein Zweivierteltakt ist und nur die Tadd9 erklingt und in Takt 27. Dieser Takt sticht aus der gesamten Tonart heraus, da er in Am steht und Am keine Funktion von E ist. In diesem Takt spielt das Vibraphon seinen Lauf und erzeugt Spannung, die durch den herausstechenden, unerwarteten Akkord noch weiter unterstützt wird.

Auch in C wechseln sich die Akkorde der Subdominanten mit großer None (Aadd9) und die Tonika mit großer None (Eadd9) halbtaktig ab. In Takt 31 führt die Dominantparallele mit Septime (Gism7) zur Dominanten mit Septime (H7) und dann zum Subdominantseptakkord (A7) und im nachfolgenden Takt führt wieder die Dominantparallele zur Dominante, die dann jedoch zur Tonika in Takt 33 überleitet.

In der Coda ab Takt 33 wechseln sich die Tonika und die Subdominantparallele mit Septime und verminderter Quinte ganztaktig ab. Eine leichte Veränderung tritt ab Takt 38 ein. Dort wird die Tonika jeweils mit einem Sekundvorhalt gespielt (Bsp. 6).

Der Vorhalt zeigt die Zerstreuung von Evas Gedanken am Ende des Stückes, mit dem sie immer weiter in ihre Träumereien und ihrer Sehnsucht versunken ist. Musikalisch könnte dies eine Anspielung auf den Song "Somewhere" aus Bernsteins "West Side Story"  sein. Sicher ist  jedoch das Zitat am Ende dieses hier vorliegenden Liedes. Es nimmt bezug auf die Nummer 11 "Vielleicht ist er bald hier", in dem Eva schonmal von ihrem Prinzen träumte.


Insgesamt lässt sich feststellen, dass die Begleitung durchgehend leiser spielt als die Sängerin singt. In der ersten Hälfte des A-Teils singt Eva mit einer harten, verärgerten Stimme und zeigt ihren Unmut darüber, dass Hans vorgibt, ein bekannter Künstler zu sein, aber ihres Wissens nach noch nicht einmal einen Schulabschluss hat. Ab Takt 13 wird Evas Stimme weicher, weil sie anfängt, an den Künstler als ihren Schwarm zu denken. Während sie singt: „“Doktor“ Johannes Pfeiffer, der wär‘ ein richt’ger Mann…“, steht Hans hoch erhobenen Hauptes auf der Bühne und „sonnt“ sich in Evas indirekten Komplimenten.

Der B-Teil beginnt mit der noch weichen Stimme. Eva wird, nachdem sie „Hänschen klein“ noch sehr zart gesungen hat, mit ihrer Stimme immer kräftiger und härter, da sie sich immer weiter in die vermeintliche Lüge von Hans hineinsteigert. Zu den Worten: „und bist nicht Mann noch Maus“ umkreist Eva Hans wie eine Katze, die ihre Beute begutachtet. Sie verachtet Hans dafür, dass er in ihren Augen nicht der Mann ist, von dem sie sich wünscht, dass er es wäre. Sie zeigt auch, dass sie sich stärker fühlt als Hans. Während sie davon singt, dass Hans „gern ein Stell-dich-ein“ mit ihr hätte, spielt sie verführerisch mit den Haaren, nur um kurze Zeit später zu zeigen, dass sie immer noch die Kontrolle über Hans hat, indem sie ihn, ohne Berührung, vor ihr zurückweichen lässt. Sie zeigt ihm, dass er offenbar nicht weiß, wie man eine vorher angesprochene Beziehung führen soll. - Als Eva wieder an ihren „Traumprinzen“ denkt, wird ihre Stimme wieder weicher und Hans, der sich von Eva nicht einschüchtern lässt, genießt wieder Evas Schwärmereien für ihn. Eva selbst nimmt ihn jedoch nicht wahr, da sie zu tief in ihren Träumen versunken ist. Sie wünscht sich einen „Mann mit schönen Augen, mit großem Intellekt.“. In Gedanken versunken umarmt Eva sich selbst und zeigt so, wie einsam sie sich eigentlich fühlt. Hans beginnt, sie zu umarmen, doch mit einem verärgerten „nicht dich, du Schlendrian!“ reißt Eva sich von ihm los.

Sie scheint vor allem verärgert, weil Hans ihre geistige Abwesenheit ausgenutzt hat. Die Wut wird schnell wieder durch Gedanken an den Künstler gedämpft und ihre Stimme wird wieder weicher und leiser. Mit ihrem Verhalten zeigt Eva, dass sie doch in den „unbedeutenden Hans“ verliebt ist. Sie singt: „Hänschen klein, mein Hänschen fein, du bist so furchtbar süß!“. Dabei stehen sich Hans und Eva gegenüber und Eva streicht Hans über das Kinn. Ihr Tonfall ist fast der, der für ein Kind angebracht wäre, was zeigt, für wie ohnmächtig Eva Hans hält.

Kurz vor einem Kuss singt Eva mit härterer Stimme: „ Und wärst du jener Künstler, wär‘ dein Kuss das Paradies.“ und schiebt ihn von sich weg. Es scheint als ob Eva sich wieder daran erinnert, dass Hans kein Künstler sein kann und somit nicht ihr Traummann ist. Hans reagiert auf den Verstoß verletzt, beginnt seine vorher locker hochgekrempelten Hemdsärmel wieder zu glätten und zieht sich in den Hintergrund zurück. Eva nimmt davon keine Notiz. Sie stellt sich vor, wie glücklich sie wäre und ruft ihre Freude im Forte aus. Doch dann beginnt Eva im Konjunktiv zu reden: „wärst der perfekte Mann.“, ihre Stimme wird leiser und sie kommt zu sich und in die Realität.

In der nächsten Strophe wendet Eva sich an das Publikum und zählt die Vorzüge, einen Schriftsteller zum Mann zu haben, auf. Dazu gehört auch, dass ihr Vater keinen Einspruch gegen die Ehe erheben würde. Sie malt sich die glückliche Zukunft aus und singt davon, dass sie „bis zum Ende zufrieden seine Frau“ wäre. Dabei deutet sie mit ihren Fingern einen Ehering an und streckt den Arm dann aus. Dabei steht der ausgestreckte Arm für die Zukunft. Doch dann halten Eva und die Musik inne und sie merkt, dass dieser Traum für sie unmöglich und absurd ist. Sie seufzt tief, ballt die Hand zu einer Faust und „zerdrückt“ somit ihre Zukunftsträumerei. Dabei singt sie ein „Oh“, das wie ein Schluchzer klingt.

In ihrer Enttäuschung, dass sie nicht den großen Künstler vor sich hat, singt Eva, während sie zu dem auf einem Tisch sitzenden Hans geht, deutlich lauter, Hans solle sich mächtig reinhängen, um so ein „Gentleman“ wie Dr. Pfeiffer zu werden. Bei dem Wort „Gentleman“ lehnt sich Eva sogar an Hans an und macht ihm so Hoffnungen. Sie fordert ihn auf, für sie zu kämpfen und sie zu „gewinnen“. Dabei geht sie wieder von ihm weg und betont das Wort „gewinnen“ sehr stark, um deutlicher zu machen, dass Hans für sie kämpfen muss.

Dann träumt Eva von ihrem Traumprinzen und versinkt ganz in ihren Gedanken. Aus Einsamkeit umarmt sie sich selbst, schließt dabei aber die Augen, sodass sie nicht merkt, wie Hans versucht, ihre Aufmerksamkeit zu ergattern. Die Musik wird immer ruhiger und das Vibraphon spielt eine letzte Septime aufwärts und Sekunde abwärts., das "Prinz-Motiv" aus "Vielleicht ist er bald hier" (Bsp. 7). Jetzt öffnet Eva ihre Augen und kommt teilweise in die Realität zurück, wirkt gleichzeitig aber noch in Gedanken versunken. Sie bemerkt Hans nicht, der neben ihr steht und von dem sie (noch) nicht weiß, dass er ihr Prinz auf dem weißen Pferd ist.

Fazit


Insgesamt handelt das Stück „Dr. Johannes Pfeiffer, der wär’ der richt’ge Mann“ davon, dass Eva innerlich zerrissen ist, da sie auf der einen Seite in Hans verliebt ist, aber auf der anderen Seite verärgert darüber ist, dass er vermeintliche Lügen erzählt um sie zu beeindrucken. Aufgrund seiner „Märchen“ kann Eva Hans nicht ernst nehmen und fasst ihre Gedanken in einer Art Kinderlied. Gleichzeitig ist sie sehr verträumt und stellt sich vor, wie ihr Leben sein könnte, wenn Hans keine Lügengeschichten erzählen würde und trauert dieser vermeintlich unerreichbaren Zukunft nach. Diese Zerrissenheit Evas wird dem Zuschauer unbemerkt auch über die Taktartenwechsel und die Veränderungen des Tempos übermittelt.

Martha Gisbier

Analyse

Die Feuerzangenbowle, Szenische Ouvertüre (II)


Wegen Bauarbeiten bleibt das Gymnasium heute geschlossen

Die zweite Ouvertüre des Musicals „Die Feuerzangenbowle“ leitet den zweiten Akt ein. Obwohl normalerweise Ouvertüren ohne Handlungsgeschehen auskommen, wird hier die Handlung zur Musik wie in einem Stummfilm verdichtet (s.u.). Die Untersuchung folgt fünf Abschnitten:

 

1. Abschnitt: 01:41:48 – 01:43:10

2. Abschnitt: 01:43:11 – 01:44:10

3. Abschnitt: 01:44:11 – 01:45:12

4. Abschnitt: 01:45:13 – 01:46:08

5. Abschnitt: 01:46:09 – 01:47:16

 

Die Abschnitte werden chronologisch analysiert.

 

Die Gäste sind von der Pause zurückgekehrt, während der sie das bisherige Geschehen verarbeiten konnten und in der die Immersion in das Musical abgeschwächt wurde. Die Ouvertüre für den zweiten Teil saugt sie durch ihre Spannung jedoch sofort wieder in die Welt des Musicals. Ein spannungsreicher Akkord der Bläser und des Klaviers eröffnen ohne Überleitung die Weiterführung des Musicals.

Dieser Akkord, der nur aus a und e besteht, wirkt nicht nur aufgrund der Tremolo-Spielweise des Klaviers spannend, sondern vor allem auch, weil zum vollständigen A-Akkord eine Terz fehlt – es ist von Seiten der Bläser und des Klaviers indefinit, ob es sich um Dur oder Moll handelt. Allerdings spielt das Vibraphon abwechselnd c und c#, bestimmt also den Akkord abwechselnd als Moll und Dur. Diese Ambivalenz und die folgende Unsicherheit tragen zur spannenden Atmosphäre bei, genauso wie die Dunkelheit des Raums. Nur die beiden Figuren, die sich schleichend und stumm bewegen, werden beleuchtet.

Nach der Legung dieses Fundaments hören die Bläser auf, den Akkord mitzuspielen, den das Klavier noch weiterführt, und spielen versetzt unterschiedliche Variationen eines kurzen Motivs. Das Thema, das die Bläser dabei auf verschiedenen Stufen spielen, wodurch die Unvorhersehbarkeit vermittelt wird, in der die Spannung der Situation begründet liegt, erinnert aufgrund der übermäßigen Quarte und der metrischen Aufteilung an das Thema von Pfeiffer. So wird unterstrichen, dass dieser hier die Rolle des Streichspielenden ausfüllt. Dazu trägt auch bei, dass er die Kameraführung dominiert, während er Ausschau hält, was die spannende und erwartungsvolle Stimmung unterstützt.

Diese Ambivalenz und die folgende Unsicherheit tragen zur spannenden Atmosphäre bei, genauso wie die Dunkelheit des Raums. Nur die beiden Figuren, die sich schleichend und stumm bewegen, werden beleuchtet.

Nach der Legung dieses Fundaments hören die Bläser auf, den Akkord mitzuspielen, den das Klavier noch weiterführt, und spielen versetzt unterschiedliche Variationen eines kurzen Motivs. Das Thema, das die Bläser dabei auf verschiedenen Stufen spielen, wodurch die Unvorhersehbarkeit vermittelt wird, in der die Spannung der Situation begründet liegt, erinnert aufgrund der übermäßigen Quarte und der metrischen Aufteilung an das Thema von Pfeiffer. So wird unterstrichen, dass dieser hier die Rolle des Streichspielenden ausfüllt. Dazu trägt auch bei, dass er die Kameraführung dominiert, während er Ausschau hält, was die spannende und erwartungsvolle Stimmung unterstützt.

Alles bisherige ist stark an die erste Ouvertüre angelehnt und erinnert somit an den Anfang des Musicals. Das Prinzip wird danach weitergeführt: Jetzt kommunizieren die Bassposaune und die 2. Trompete in einer Art Call and Response, welches das Pfeifferthema referiert, wobei beide durch die Verwendung des Plungers vokal und etwas unsauber klingen, sodass ein komischer, slapstick-artiger Effekt entsteht, der mit der spannenden Grundstimmung kontrastiert. Unter anderem wird dadurch die Heimlichkeit und Spitzbübischkeit vermittelt, mit der die beiden sich gerade bewegen. Das Call and Response erinnert an Blues, dessen Wesen dem Musical zugrunde liegt, und das ein Gefühl der Leichtigkeit vermittelt und gleichzeitig in frühere Zeiten (1940er Jahre) versetzt, in denen die Geschichte handelt.

Als die beiden das Schild aufgehangen haben, werden die Bläser zusammengeführt und spielen auf kanonische Weise vier Zweiklänge. Dies trägt zur spannenden Grundatmosphäre bei.

Auf den ausklingenden Tritonus auf C, der Spannung vermittelt, spielt das Vibraphon dazu passend aufsteigend nacheinander die Töne eines C-Dur-Akkordes mit Tritonus. Dieses Motiv ist bereits mehrmals im Musical angeklungen und verheißt einerseits Neugierde auf das folgende Geschehen und spielt andererseits auf das Pfeifferthema an, da es den Tritonus betont. Hier wird also wieder die Figur des Pfeiffer herausgekehrt und gleichzeitig Neugierde weiter geweckt.

Im nächsten Abschnitt wird die spannende, aber ruhige und etwas mysteriöse Atmosphäre der vergangenen Minuten schlagartig beendet, indem das Schlagzeug entspannt, doch bestimmt, beginnt, einen Jazzbeat zu spielen. Das läutet den Morgen ein, an dem die anderen Schüler nun zur Schule gehen. Es ist hell auf der Bühne, und Pfeiffer und sein Kumpane treten aus dem Geschehen. Nicht nur durch die Musik wird also verdeutlicht, dass hier ein neuer Abschnitt beginnt. Zu dem Schlagzeug gesellen sich Akkorde der Bläser, die dann nach einer Pause wiederholt werden und generell etwas sporadisch klingen. So wirken sie etwas unbestimmt und unentschlossen, was die Verwirrung und Belustigung der Schüler widerspiegelt. Schließlich, als die Schüler sich entschlossen haben, zu gehen, da scheinbar eindeutig keine Schule stattfindet, brechen die Bläser endgültig ins Pfeiffer-Thema, was dessen Triumph unterstreicht. Der Abschnitt wird beendet mit einem Unsicherheit vermittelnden Bläserjazzakkord, der die Spannung weiterhin oben hält. Dann wird der nächste Abschnitt eingeläutet, der ganz anders klingt.


Zeus, der gefürchtete Schulleiter erscheint auf der Bildfläche. Der Abschnitt wird mit Pauken, dem Instrument, das bedrohliche Dramatik vermittelt, eingeleitet und beginnt auf geradem Moll, was stark mit der lockeren Jazzharmonik von zuvor kontrastiert. Die auf die anfängliche wiederholte Tonika folgende Moll-“Dominante“ verstärkt diesen ernüchternden, spaßbeendenden Effekt.

Die ersten Akkorde scheinen stechend in die Pauken, was die Figur durch ruckhafte Bewegungen ausschmückt. Die Pauken sind weiterhin sehr dominant im Fortissimo und erzeugen zusammen mit den schweren, straighten Bläserakkorden eine düstere, ernste Atmosphäre: Der gefürchtete Direktor ist angekommen. Sie bleiben dabei bis zum Triolenteil, zu dem ich noch kommen werde, in gleichmäßigen Vierteln auf den beiden gleichen Tönen, nämlich C und G. Diese Quintsprünge wirken massiv und schwerfällig, und die Tatsache, dass sie sich im Gegensatz zum Akkord Cm nicht ändern, erzeugt Spannung. Die Quinten an sich erinnern auch an das Thema von Zeus, indem Quintsprünge ein präsentes Motiv sind, beispielsweise im Marimbaphon.

Die Akkorde der Bläser, die nie zur Auflösung zu kommen scheinen, und in die sich verschiedene Dissonanzen einschleichen, verstärken das ungemütliche Gefühl. Es ist eine Wiederholung der immer gleichen vier Akkorde, wodurch eine gewisse Rastlosigkeit ausgedrückt wird. Dadurch, dass sie immer höher gespielt werden (also in verschiedenen Umkehrungen), scheint es  dennoch nicht langweilig oder repetitiv, sondern es wird eine Spannungssteigerung hervorgerufen. Außerdem erinnert die Akkordfolge an eine bestimmte Stelle des Stückes über Zeus, nämlich die auf „Er ist der König der Lehranstalten.“

In beiden Teilstücken spielt der eher seltene „Flat-Seven“-Akkord eine Rolle. Hier wird also auf diesen Teil aus dem Zeusthema referiert, den man als Höhepunkt desselben werten könnte - zumal dort mehrstimmig gesungen wird, was im Musical gezielt an bestimmten Stellen eingesetzt wird, und was der Stelle besondere, fast klerische Dramatik verleiht.

Dieses Teilsegment des Abschnitts wird nun beendet, indem die Posaunen und Klavier triolisch eine absteigende Tonleiter spielen, was ernüchternd und mächtig wirkt, während gleichzeitig die Trompeten aszendent spielen. Dieser Kontrast, der wie eine aufgehende Schere wirkt, erzeugt sehr viel Spannung.

Auch die außermusikalischen Gestaltungsmittel haben ihren Teil an der Gesamtwirkung. Der Direktor schreitet schwer und machtvoll umher, während die Bühne halbdunkel ist. Wie gut die Bühnenwirkung aller Mittel zusammen funktioniert hat, sieht man bei 01:42:51, als ein Mann in der ersten Reihe sich sichtlich erschreckt, als Zeus ihn anschaut.


Schließlich verschwinden dei akkordischen Dissonanzen wieder, die anderen Lehrer treten ein und das Thema aus "Die Gerechtigkeit des Lehrers" wird in seiner Mollvarianten zitiert, was erneut einen getragenen, ernsten Effekt hat und an die Märsche gefürchteter Dämonen in diversen Filmen erinnert (z.B. Star Wars). Die simplen, doch markanten Mollkadenzen verstärken die unerschütterbare, kantige Wirkung, genauso wie der Fakt, dass es im Wesentlichen keine Melodie oder auch nur Ornamentierungen gibt, sondern fast nur steife Akkorde.


Im folgenden wird das "Bömmelthema", Bäh, wat habt ihr für ‘ne fiese Charakter, angedeutet. Somit geschieht ein "Foreshadowing" der nächsten Sektion. Die Melodiefetzen des Marimbaphons erinnern an das Thema von Zeus, in dem das Marimbaphon ein Riff spielt, das ebenfalls mit drei Achtelnoten beginnt. Der jeweils vierte Ton ist im „Original“ ein C und wird hier in der Ouvertüre variiert, um Spannung zu erzeugen. Durch das Referieren zu Zeus wird einerseits die bedrohliche Atmosphäre verstärkt, andererseits auch einfach an Zeus erinnert, eine immernoch dominante Figur, die nach wie vor über große Bühnenpräsenz verfügt.


Die ernsthafte Bedrohlichkeit dieses Abschnittes wird dann aber durchbrochen durch einen unsicheren Maj6-Bläserakkord, dessen Töne nacheinander gespielt werden, und eine slapstickhafte absteigende Trompetenlinie, die als Symbol für Scheitern bekannt ist. Der eindeutig nächste Abschnitt beginnt, als Bömmel eine zündende Idee hat, was er auch genau dann durch eine Geste markiert: Vorzutäuschen, es fänden tatsächlich Bauarbeiten statt, um die Ehre der Schule zu schützen. Die düstere Stimmung ist vergessen, ein jazziges, wohlbekanntes Thema ertönt: „Bäh, war habta für ‘ne fiese Charakter.“ Das fungiert einerseits als das Thema von Bömmel, der ja gerade die Idee hatte, und ist außerdem eine interessante Umkehrung der vorherigen Umstände. Während vorher die Schüler die Streichespielenden waren und den „fiesen Charakter“ hatten, schlagen die Lehrer jetzt mit den gleichen Waffen zurück. Hier wird auch nochmals Sympathie zur Figur des Bömmel aufgebaut, der ja als recht schülernah dargestellt wird.


Die Jazzigkeit im Arrangement und in Teilen in der Harmonik sorgen für ein beschwingtes, aktives Gefühl, im Gegensatz zu den lähmenden starren Mollkadenzen von vorher, was auch die Schauspieler vermitteln: Während sie vorher langsam umherschritten, bewegen sie sich nun energetisch durch den Raum und agieren ähnlich wie Schüler, wenn sie einen Streich aushecken. Der simple Quintbass verstärkt das und ordnet stilistisch ein. Die Modulation von G-Dur tzu G-Moll vermittelt außerdem die Ambivalenz zwischen Bitterkeit und Traurigkeit (Moll) über das unveschämte Handeln der Schüler und andererseits die Anerkennung dessen und den Spaß (Dur) beim Aushecken des Gegenschlags.


Die Ouvertüre endet fulminant mit einer donnernden Dominantsept-Tonika-Überleitung, die eine sich steigernde Jazzakkordfolge auflöst. Die Exposition für den zweiten Teil wurde geliefert und die Spannung im Publikum wurde wieder aufgebaut. 


Fazit


Die Ouvertüre greift verschiedene Ideen aus früheren Abschnitten auf, was dem Publikum dabei hilft, sie einzuordnen und zu interpretieren. Dabei wird mit verschiedensten Mitteln eine hohe Spannung erzeugt, die die Zuschauer anhält, neugierig den zweiten Teil zu verfolgen. Die stilistische Wechselhaftigkeit sorgt dabei dafür, dass die Ouvertüre, die als eine Art Stummfilmmusik funktioniert, nicht langweilig wird. Nicht nur die Musik selbst, sondern auch Schauspieler, Regie und Licht- und Tontechnik leisten ihren Beitrag zur gelungenen Wirkung dieser szenischen Ouvertüre, indem sie mit diesem "Soundtrack" zusammen agieren. Ich bewerte diese Ouvertüre somit als sehr gelungen und dem Rest des Musicals angepasst. Die Handlung durch das Stummfilmkonzept zu verdichten und dadurch die Story voranzutreiben ist ein genialer Kunstgriff.